Ohne den spannenden Plot des Films zu verraten: wieviel wussten Sie über die Papstwahl, bevor Sie diesen Film machten?
Ralph Fiennes: Wir wissen sehr wenig darüber, weil sich alles hinter verschlossenen Türen abspielt, es ist die geheimste Wahl der Welt, bei der einer der wichtigsten spirituellen Führer der Welt gewählt wird. Alles, was ich weiß, ist: weißer Rauch, schwarzer Rauch. Und plötzlich tritt jemand auf einen Balkon. Es war also sehr interessant, hinter diese verschlossenen Türen geführt zu werden. Wir hatten viele großartige religiöse Berater, einen wunderbaren Religionslehrer, einen Theologen, der jeden Tag da war, uns erklärt hat, was über diese Wahlen bekannt ist, und uns durch den Prozess geführt hat. Alle am Set waren definitiv sehr gut informiert. Ich glaube, über das tatsächliche Abstimmungssystem ist recht viel bekannt. Aber niemand von uns weiß etwas über die Gespräche, die in der Casa Santa Marta stattfinden, wo alle Kardinäle untergebracht sind. All diese Dinge sind reine Spekulation.
Wurden Sie religiös erzogen?
Ich bin katholisch aufgewachsen, ging in eine katholische Grundschule in Großbritannien und später in eine katholische Bubenschule in Irland. Daher hatte ich ein gewisses Gefühl für die Art der hierarchischen, männlich geprägten Struktur, die einen großen Teil der katholischen Kirche ausmacht. In gewisser Weise hatte ich also einen kleinen Ansatzpunkt, um einige Aspekte davon zu verstehen.
Wie würden Sie Ihre Rolle beschreiben?
Kardinal Lawrence ist eine Rolle, bei der die Darstellung davon lebt, was hinter den Augen vor sich geht, denn er äußert seine Meinung nur ungern. Wir bekommen ein Gefühl für seine Politik im Kollegium der Kardinäle. Man steht einem Raum voller Menschen gegenüber, die auf die eine oder andere Weise um das Amt wetteifern, und Lawrence nimmt an diesem Wettbewerb nicht teil.
Was geht in ihm vor?
Es wird ziemlich früh deutlich, dass er ein widerwilliger Verwalter oder – wie man sagt -Dekan ist. In einem Gespräch erfahren wir, dass er darüber nachgedacht hat, den Vatikan zu verlassen und vielleicht ein eher monastisches Leben zu führen. Er hat das Gefühl, in diese Position gedrängt worden zu sein, und er ist nicht jemand, der die Verantwortung wirklich genießt. Aber er ist ein Mann von Integrität und erfüllt die Pflicht, die ihm übertragen wurde. Es gibt etwas an ihm, das mich an die Figur des George Smiley aus den Le-Carré-Büchern erinnert, weil er im Hintergrund ermittelt. Er ist ein Zuhörer. Und er will keine dieser Skandale; er möchte idealerweise, dass man über ihnen steht – diese Dinge, die aus den Schatten auftauchen. Er möchte, dass alles ruhig gelöst wird.
Die katholische Kirche wird seit Jahrzehnten von Skandalen geplagt. Verkörpert Ihre Figur den integren Guten?
Ich glaube, er ist ein guter Mann. Natürlich beinhalten Geschichten über die Kirche oft diejenigen, die Grenzen überschreiten. Aber ich denke, in allen Kirchen gibt es Menschen, die – unabhängig davon, was wir von ihrem Glauben halten – tatsächlich einen spirituellen Weg verfolgen. Ich habe einige Kardinäle getroffen, und ich glaube, dass sie Männer mit tiefer Spiritualität sind. Natürlich gibt es auch diejenigen, die scheitern – sie sind schließlich Menschen. Lawrence hat eine Art Weisheit, die darin besteht zu erkennen, dass wir alle fehlbar sind. Keiner von uns ist ein Heiliger.
Die Besetzung ist hochkarätig: John Lithgow, Stanley Tucci, Isabella Rossellini… Wie war die Zusammenarbeit?
Das ist so ein Glücksfall, den man nicht planen kann – die Energie zwischen einer Gruppe von Schauspielern. Ich hatte das Gefühl, wir haben uns zusammengefunden. Die Arbeitsatmosphäre war einzigartig. Ganz organisch, schon bei der Lesung. Wir haben uns alle in den Cinecittà Studios in Rom getroffen und das Drehbuch gelesen. Diese Synergie ist nichts, was man wirklich planen kann, aber es war einfach da. Und dieses Gefühl blieb uns während der gesamten Dreharbeiten erhalten.
Der Film wurde nicht an den Originalschauplätzen im Vatikan gedreht, da diese für Filmproduktionen nicht zugänglich sind. Regisseur Edward Berger hat erzählt, dass er sorgfältig ausgewählte Drehorte fand, um die authentische Atmosphäre des Vatikans und des Petersdoms nachzustellen. Wie wichtig ist die Kulisse für einen Schauspieler?
Die enge Verbundenheit, von der ich vorher gesprochen habe, wurde schon allein dadurch erzeugt, dass wir uns im „Konklave“ befanden – ich meine, die Geschichte selbst gab uns ohnehin das Gespür dafür. Und Edward ist ein wunderbarer Förderer dieses Geistes. Er unterstützt uns in den Szenen, das habe ich gespürt. Er ist ein großartiger Regisseur, der uns spielen ließ, uns Raum gab, Dinge zu entdecken. Und das ist großartig in einer Gruppe von Schauspielern, wenn man das Gefühl bekommt, dass man die Freiheit und die Ermutigung hat, einfach zu spielen, dass man kreativ nicht eingeengt ist. Der Geist eines Regisseurs kann entweder – und da gibt es kein richtig oder falsch – sehr präzise und kontrollierend sein, oder er hat diese Eigenschaft, Freiheiten zuzulassen und zu ermöglichen. Edward fällt in die zweite Kategorie.
Isabella Rossellini spielt eine der ganz wenigen weibliche Rollen …
Isabella ist für lange Zeit die einzige weibliche Präsenz im Film. Die Nonnen sind da, um alles zu organisieren und sicherzustellen, dass die Kardinäle alles haben, was sie für den Wahlprozess benötigen. Sie ist gewissermaßen die Hüterin dieser Männer, die sich versammelt haben, und sie beobachtet alles. Meine Figur steht gerne in der zweiten Reihe. Isabellas Rolle hingegen wird in die siebenundzwanzigste Reihe verbannt. Es ist eine kleine Rolle, aber eine sehr zentrale, ohne die die Geschichte nicht funktionieren würde.
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