Kampagne a la Cicero

Kampagne a la Cicero
"Wie man eine Wahl gewinnt": Wie ein antiker Ratgeber für Politiker plötzlich zum Bestseller wird.

Die richtigen Leute um sich scharen, den Wählern alles, was geht versprechen, den Gegner fertig machen – und stets Hoffnung verbreiten. Was sich nach Wahlkampf anno 2013 anhört, ist in Wahrheit ein alter Hut. Besser gesagt: verstaubtes Pergament.
Tipps und Tricks wie diese hatten im Jahr 63 vor Christus einen Schriftsteller, Briefeschreiber und Redner zu Roms Staatsmann Nr. 1 geadelt – Marcus Tullius Cicero. Gegen heftige Widerstände war der Außenseiter aus Arpinum zum Ersten Konsul von Rom gewählt worden. Und das nur, so der moderne Mythos, weil er das „Commentariolum Petitionis“, die „kleine Denkschrift zur Amtsbewerbung“, seines Bruders bereitwillig befolgt hat.

Unter dem Titel „Wie man eine Wahl gewinnt“ wurde der „antike Ratgeber von Quintus Tullius Cicero“ vor Kurzem beim Berliner Verlag Haffmans & Tolkemitt aufgelegt. Über den Umweg der Neuen Welt freilich, denn es handelt sich dabei um die Übersetzung einer recht freien Interpretation des amerikanischen Altphilologen Philip Freeman. „Das eigentliche Vergnügen für die meisten heutigen Leser“, sieht Freeman in den „unverhohlen pragmatischen Ratschlägen von Quintus, wie man die Wähler manipuliert, um ein politisches Amt zu erobern.“

Veröffentlichung schlug Wellen

Die 57 Sentenzen erschienen im Vorjahr bei der Princeton University Press. Und schlugen gleich Wellen. Polit-Berater James „Ragin’ Cajun“ Carville, der 20 Jahre zuvor Bill Clinton zum Job des US-Präsidenten verholfen hat, stellte im Magazin Foreign Affairs verwundert fest, dass viele seiner Hinweise der kleine Cicero-Bruder schon 2.000 Jahre zuvor aufgeschrieben habe. Etwa jenen: „Sobald du herausgefunden hast, wer deine wahren Freunde sind, richte deine Augenmerk auf deine Feinde.“

Es lässt sich darüber spekulieren, wer die alten, aber bewährten Wahlkampf-Weisheiten im Moment ganz dringend studiert. Kandidaten dafür wären von Angela Merkel über Peer Steinbrück, Werner Faymann und Michael Spindelegger bis Frank Stronach eigentlich alle, die im politischen Spätsommer ein gewichtiges Wort mitreden wollen.

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Philip Freemans zweiter Polit-Bestseller auf den Spuren Ciceros nennt sich im Original „How to Run a Country: An Ancient Guide for Modern Leaders“ (dt. „Wie man ein Land regiert. Ein antiker Ratgeber für moderne Führungspersönlichkeiten“) . Offenbar glaubt jedoch nicht einmal der Berliner Verlag an die Lernfähigkeit des einschlägigen Personals im deutschen Sprachraum. Zumindest ist „bis Sommer 2014 keine Übersetzung geplant“.

Bleibt die Frage, ob Cicero heute noch helfen kann. Kommt darauf an. Eine Wahlkämpfer-Weisheit wie diese kennt jedenfalls kein Ablaufdatum: „Die Leute lassen sich lieber eine nette Lüge auftischen als mit einer Ablehnung abspeisen.“

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