Puppentheater: "Der Bauer als Millionär"
Der Blödsinn und die Faulheit haben ihren Auftritt. Wie im richtigen Leben die B- und C-Promis. Die Zufriedenheit ist unzufrieden. Hass und Neid hingegen gar nicht, sind doch die Welt und die Neidgesellschaft genau so, wie sie in ihrer Vorstellung existiert: schlecht.
Die Figuren der Feen- und Geisterwelt rund um die rothaarige blaugesichtige Fee Lakrimosa sind allein schon Kunstwerke: Charakterköpfe mit prägnanten oder weichen Zügen, grotesk überzeichnet oder behutsam abstrahiert, elegant in Linien und Ausdruck. Schauspieler mit Eigenleben, auch wenn sie nur aus Stoff oder Holz sind.
Umso faszinierender die Performance von den Thalias Kompagnons aus Nürnberg – sie spielen auch noch "Kafkas Schloss" (ab 19. 8.) bei den Salzburger Festspielen – im Schauspielhaus im Petersbrunnhof in Nonntal: Wenn Stimmen der Zufriedenheit, der Jugend oder dem hohen Alter in Raimunds Zaubermärchen "Das Mädchen aus der Feenwelt oder der Bauer als Millionär" im Schauspielhaus plötzlich Leben einhauchen.
Wenn vier Puppenspieler und zwei Musiker an Piano und Percussion die tragikomische Zauberposse erzählen: bezaubernd, mit Witz und hoch professionell.
Wenn man sieht, und das ist reizvoll, wie Illusion erzeugt wird. Und sich darauf einlassen kann. Das muss Schauspielchef Sven-Eric Bechtolf gemeint haben, als er sagte, er wolle bei den Festspielen eine "Schule des Sehens" begründen und künftig regelmäßig Figuren- und Puppenthea- terproduktionen engagieren.
Viel zu entdecken
Gutes Puppentheater hat suggestive Kraft. Und was ist dafür besser geeignet als Raimunds skurriles Märchenspiel mit seiner naiven Komik voller Melancholie und Weisheit?
Alles spielt sich vor, auf und hinter einer Leinwand ab. Sie gibt die Projektionsfläche, auf der per Video zu sehen ist, was das Team rund um Tristan Vogt und Joachim Torbahn auf einem Tisch in einer offenen Box spielt. Aber teilweise wird mit den Puppen auch im offenen Raum agiert.
Die hohe Kunst, die Puppen im Theater tanzen zu lassen, verlangt etwas, was in Zeiten von Videowall und Digitalfernsehen antiquiert anmutet: Intimität und genaues Zuhören. Die Stimmen im Halbdunkel sind die Direktverbindung zum Zuschauer und können Puppen zum Leben erwecken. Als wär’s Zauberei. Dicht. Auch ohne "Aschenlied".
Und klug. Denn: "Bist du glücklich?" Auf die Frage antwortet Karl, Lottchens Objekt der Begierde, am Ende: "Ich bin zufrieden."
KURIER-Wertung: **** von *****
INFO: Vorstellungen am 10. und 13. bis 17. 8.
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