Pulitzer Preis für die Eisenbahn in die Freiheit

Colson Whitehead
"Underground Railroad" von Colson Whitehead: Mitgefühl für die Geschichte einer geflüchteten Sklavin

Geplant war unter Obama, dass auf den 20-Dollar-Scheinen das Gesicht von Präsident Andrew Jackson, der 150 Sklaven hielt (und außerdem ein Indianerhasser war), durch jenes von Harriet Tubman ersetzt wird.

Harriet Tubman: Selbst Sklavin, verhalf sie nach ihrer Flucht Dutzenden in den Baumwollplantagen des Südens, mithilfe der "Underground Railroad" in den sicheren Norden zu gelangen.

2020 soll es zum Geldwechsel kommen.

Donald Trump aber hat Andrew Jacksons Verschwinden als "zu hart" bezeichnet (Jackson, so Trump, habe "ein großes Herz gehabt" – er sei jeden Tag zum Grab seiner Ehefrau gegangen) ...

Geheime Wege

Wer über den Rassismus (und über Flüchtlinge) von früher schreibt, kommt immer auch zum heutigen Rassismus (und zu den Flüchtlingen).

Der Amerikaner Colson Whitehead kommentiert mit "Underground Railroad" sein Land.

Das war der Name des Netzwerks von Gegnern der Sklaverei, auch von Weißen, mit geheimen Routen bis nach Kanada.

Die Fluchthelfer nannten sich conductor, Schaffner, wenn sie erwischt wurden, wurden sie aufgehängt, die Weißen genauso. Flüchtlinge waren passenger, und Whitehead hat es beim Wort genommen:

Er hat sozusagen eine richtige Untergrundbahn erfunden, die in Tunnel unter Scheunen und verlassenen Fabriken ihre Stationen hat.

Damit sprengt Whitehead den Realismus aus Auspeitschung, Vergewaltigung, Ermordung. Er gönnt fantastische Verschnaufpausen, wenn die Lok kommt und Cora – 17 Jahre alt – aus Georgia wegbringt. Georgia!

Mit "Georgia on my mind" muss wohl wirklich die Schwester des Komponisten Hoagy Carmichael gemeint gewesen sein, an die ein süßes Lied erinnert.

Nicht der US-Bundesstaat, der 1798 als letzter US-Bundesstaat den Sklavenhandel untersagte (aber den unbezahlten Arbeitseinsatz weiterhin guthieß).

Amazon-Serie

Kopfgeldjäger holten Geflohene aus Teilen Amerikas, in denen es keine Sklaverei gab, nach Georgia zurück.

Und wie es den Besitzern dort gefiel, wurden die Gefangenen zur Strafe geröstet, geschlachtet ...

Whitehead musste diese Geschichte loswerden. Er hat dafür den Pulitzer Preis 2017 gewonnen, den National Book Award ebenso, für den Booker Preis ist er im Gespräch, und Amazon plant eine Filmserie.

Mitgefühl wäre vielleicht ebenfalls eine gute Reaktion.

Zufluchtsorte erwiesen sich als trügerisch: In South Carolina wollte man die aus Afrika Verschleppten sterilisieren, in North Carolina überhaupt alle aufhängen, weil es nun genug Arbeitssuchende aus Europa gab ...

Seite 325, und damit sind wir im Heute: "Manchmal ist eine nützliche Illusion besser als eine nutzlose Wahrheit. In dieser schlimmen Kälte wird nichts wachsen, aber wir können trotzdem Blumen haben."

Colson
Whitehead:

Underground
Railroad“
Übersetzt von
Nikolaus Stingl.
Hanser Verlag.
352 Seiten.
24,70 Euro.

KURIER-Wertung: **** und ein halber Stern

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