„Lobau bleibt!“
Eine professionell geplante Holz-Pyramide wurde bei den „Lobau-bleibt!“-Aktionen in Wien 2021/’22 rasch zum Signet der Bewegung, die ein Augebiet vor der Zerstörung durch einen Autobahnzubringer retten will.
Denn jeder Protest muss stören, sonst wäre er wirkungslos. Und jeder Protest will Aufmerksamkeit, braucht also eindrucksvolle Bilder für die Medien.
Signalwirkung
„Gezielt werden Erkennungszeichen produziert“, sagt Oliver Elser, Kurator der mit dem Deutschen Architekturmuseum (DAM) in Frankfurt entwickelten Schau „Protest/Architektur: Barrikaden, Camps, Sekundenkleber“ im Museum für angewandte Kunst (MAK),
„Ja!“ mit Ausrufezeichen, heißt es da.
Wo Menschen Straßen blockieren und Wälder besetzen, um für den Klimaschutz oder andere politische Ziele zu kämpfen, wird oft auch gebaut. Selbstgezimmerte Hütten und Baumhäuser, Zeltdörfer, aufgespannte Tücher und Türme – ja, sie sind Architektur. Was denn sonst?
Auch die 16-minütige Dokumentarfilmcollage des Frankfurter Regisseurs Oliver Hardt zeigt: Hier geht es um Konstruktionen, Architekturen ohne Architekten, wie sie Bernard Rudofsky einst nannte.
„Das Protestcamp ist strategisch und symbolisch die architektonische Protestform der Gegenwart“, sagt Kurator Sebastian Hackenschmidt.
Sich Orte aneignen, blockieren, markieren, verteidigen oder schützen geht in der Regel mit Selbstbau und viel Improvisation einher, führte etwa zu kunstvoll arrangierten Zeltdächern im Zentrum von Madrid oder zu mit Hängebrücken verbundenen Baumhäusern im Hambacher Forst.
13 Fallbeispiele – in immerhin fünf davon waren die Proteste erfolgreich – erzählen am Stubenring von der langen Geschichte der Protestbewegungen auf fünf Kontinenten seit der Julirevolution 1830 in Paris, vor allem aber zwischen 1968 und 2023 .
Originelle Exponate
Modelle und Fotos machen die Organisation des Widerstandes anschaulich.
Oft werden einfache Gegenstände zum Symbol einer Protestaktion. Etwa Nudelsiebe als Schutzhelme vor Staatsgewalt in Kiew.
Oder Regenschirme zur Verteidigung und als Schutzschilde der Demon-stranten vor Überwachungskameras und dem polizeilichen Einsatz von Pfefferspray in Hongkong.
Ob der von Donald Trump angefeuerte Sturm auf das Kapitol in Washington 2021 oder die „Letzte Generation“, die sich als eine Art menschliche Barrikade mit Sekundenkleber auf Straßen fixiert:
Die Schau mag und soll Diskussionen provozieren, aber sie unterstütze „nicht die Inhalte der Proteste“, betonen die Organisatoren.
Denn: „Protest per se ist nicht gut und nicht böse, nicht links und nicht rechts.“ Aber auch wenn man die konkrete Botschaft hier nicht zum Thema macht: Architektur ist nie unpolitisch.
www.mak.at
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