Premiere "Am Königsweg": Trump-Show mit vierfacher Jelinek

Premiere "Am Königsweg": Trump-Show mit vierfacher Jelinek
Nikolaus Habjan brachte Elfriede Jelineks „Am Königsweg“ im Landestheater NÖ opulent und grell zur Erstaufführung.

Es liegt durchaus nahe, dass Marie Rötzer, Direktorin des Landestheaters in St. Pölten, den begnadeten Puppenspieler Nikolaus Habjan mit der österreichischen Erstaufführung von Elfriede Jelineks bitterem wie auch bitterbösem Gedankenkonvolut „Am Königsweg“ beauftragt hat. Denn die Autorin wünscht sich in der Regieanweisung Figuren aus der längst legendären „Muppet Show“.

Zudem hat Habjan schon einmal Jelinek als Puppe leibhaftig werden lassen: Ende 2012 in „Schatten (Eurydike sagt)“ am Burgtheater. Und weil sich in der Folge ein engerer Kontakt entwickelte, konnte er die öffentlichkeitsscheue Literaturnobelpreisträgerin gewinnen, sich in die erstaunlich aufwendige, ja opulente Produktion einzubringen: Sie spricht aus dem Off einige zentrale Passagen.

Die Sprücheklopferin

„Am Königsweg“, 2017 geschrieben, ist schließlich nicht nur eine Auseinandersetzung mit Macht und deren Inszenierung, mit dem Erstarken des Rechtspopulismus, der blinden Hörigkeit und der Ohnmacht der Intellektuellen: Jelinek stellt sich selbst zur Diskussion. Die „Sprüchesängerin“, für manche eine „Sprücheklopferin“, hinterfragt sich selbst. Mittendrin heißt es einmal: „Nein, laufen tu ich nicht mehr, ich laufe nur ab, ich habe ein Verfallsdatum, während der junge weiße Mann, der neue Herr der Welten...“

Ob jeder Ich-Satz tatsächlich der ins Sprachspiel verliebten Autorin („nur ein paar Klicks, das ist ein Klacks“) zuzuordnen ist, darf bezweifelt werden. Was Habjan dazu bewog, die Jelinek-Stimme um drei Jelinek-Klappmaulpuppen zu ergänzen: Im Laufe des zweistündigen Abends (ohne Pause) debattieren sie mehrfach untereinander.

Hinzu gesellen sich eben die Muppets, darunter Frosch Kermit, Gonzo und Miss Piggy, als lemurenartige, genial grausliche Wesen: Habjan bereitet den natürlich massiv eingekürzten, dialogartig aufbereiteten Text als Revue auf, geordnet nach Themen und aufgepeppt mit Musikeinlagen (von Kyrre Kvam).

Der Herr der Welten

Als Schauplatz dient ein rotierendes Weißes Haus samt rundem Oval Office (von Jakob Brossmann). Denn auch wenn Donald Trump namentlich nie genannt wird, so geht es doch permanent um ihn: Der König, „Herr der Welten“, habe die Gewalt und bringe sie, er habe keine Pflichten, er habe immer nur recht. Habjan gibt den „Blender“ mit großem Genuss der Lächerlichkeit preis: Seine solariumsorange Puppe wäre ohne blonde Perücke fast glatzert. Und sie ist, wie sich schon bald herausstellt, ein greinendes Baby mit nackten Füßchen. Damit das verwöhnte Pinkerl im güldenen Anzug nicht wieder anfängt, alles kaputt zu schlagen, muss es gewiegt werden.

Dass Timan Rose mit einer übergestülpten Trump-Maske das Gabalier-Hakenkreuz macht, hätte es vielleicht nicht unbedingt gebraucht. Es gibt zudem ein paar Leerläufe, und Trumps Gefährlichkeit wird nicht wirklich spürbar. Habjan hat jedoch einige sehr starke Bilder gefunden. Wenn er der einen Jelinek-Puppe als mahnenden Seherin die Augen herausoperieren lässt: Das ist an Drastik kaum zu überbieten. Manuela Linshalm führt diese fulminant. Aber auch die anderen Akteure, darunter Sabrina Ceesay und Tim Breyvogel, bestechen als Puppenspieler. (Bis 30.4. in St. Pölten, danach in Baden. Am 4. und 5.4. gastiert Habjan mit seiner Inszenierung „Der Streit“.)

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