Police-Drummer Stewart Copeland: „Unsere Karriere hat kein Drama“
Heuer ist es 40 Jahre her, dass The Police mit dem Hit „Message In A Bottle“ ihren ersten Nummer-eins-Hit hatten. Drummer Stewart Copeland, der nach der Trennung der Band eine Karriere als Komponist von Opern, Balletten und Filmmusik eingeschlagen hat, erzählt im Interview mit dem KURIER, warum er trotzdem kein Interesse daran hat, sich um die Zukunft der Werke der legendären Band zu kümmern. Und er erklärt, dass Musik seiner Meinung nach viel mehr mit Sex zu tun hat, als wir denken.
KURIER: Queen haben für ihren Film vier Oscars gewonnen, die Filmbiografie von Elton John läuft Ende Mai an und eine über David Bowie wird im Sommer gedreht. Wäre so ein Film auch für Police ein guter Weg, diese Ausnahmekarriere für zukünftige Generationen zu erhalten?
Stewart Copeland: Ich glaube nicht. Unser Karriere hat kein Drama, keinen guten Spielfilm-Bogen. Keiner ist gestorben, keiner hat dem anderen die Frau ausgespannt. Wir sind drei Typen, die zusammen die Musik gemacht haben, die uns gefallen hat. Damit waren wir erfolgreich und sind dann unsere eigenen Wege gegangen. Ich glaube, dass sich das Erbe von Police von selbst erhalten wir.
Wieso glauben Sie das?
Alle meine Kinder – und ich habe sieben, ich hab’ da wirklich meinen Beitrag geleistet – hören Acts wie AC/DC, Jimi Hendrix oder Led Zeppelin. Das ist ohnehin die größte Überraschung für uns – auch für Mick Jagger und Ringo Starr, mit denen ich darüber gesprochen habe: Wir dachten, wir machen Musik, die wie ein Sandwich konsumiert wird: Man genießt sie und hat sie 15 Minuten später wieder vergessen. Wir hätten uns nie gedacht, dass unsere Songs Klassiker werden und die Jahrzehnte überleben.
Warum haben sie das Ihrer Meinung nach doch getan?
Ich habe dazu keine gute Theorie. Ich denke einfach, dass die Leute lieber die Quelle hören als das Resultat. Auch Police haben einige Tribute-Bands, die sehr erfolgreich sind. Aber selbst da wird alles genau so nachgespielt, wie wir es auf Platte gemacht haben. Diese Musiker gehen sogar in die Musikschule, um es genauso hinzukriegen.
Warum ist Authentizität im Rock so wichtig, während in der Klassik die alten Werke immer wieder neu interpretiert werden?
Der Unterschied zwischen Mozart und Led Zeppelin ist, dass man Mozarts Werke nur als Noten auf einem Blatt Papier hat, man kann kein Original hören. Wir wissen auch, dass die Musiker schon in Mozarts Zeit viel mit den Noten improvisiert und verschiedene Versionen davon gespielt haben. Im Rock ist die Ausführung, das Riff, das nur Hendrix so spielen konnte, mindestens genauso wichtig wie die Komposition. Denn die Rock-Kompositionen sind oft simpel. Sie leben von der Performance und Persönlichkeit des Künstlers. Das ist toll, aber halt komplett anders als in der Klassik.
Sie arbeiten gerade an einer Dokumentation darüber, was Musik ist. Geht es dabei auch um diese Fragen?
Nein, da geht es darum, wie tief verwurzelt Musik in uns Menschen ist, welche Funktionen sie in der Gesellschaft hat, und wie sie uns mehr als wir denken physisch beeinflusst. Musik ist die einzige Kunstform, die uns zum Tanzen bringt. Weder Rembrandt noch Goethe schaffen das. Nur die Musik sagt dir, was du fühlen sollst. Die Augen und Worte sagen dir, was du denken sollst. Aber was du fühlst, ist viel wichtiger für dein Verhalten und deine Entscheidungen, als das, was du denkst. Gefühle kontrollieren die Gedanken. Und wirklich jeder – auch wenn er Musik nicht mag – spürt, ob ein Stück fröhlich oder gefährlich ist.
Auch junge Leute, denen Musik nicht mehr so viel bedeutet, die Playlists abspulen und nebenbei auf ihrem Handy SMS tippen?
Ja, vielleicht sogar mehr als wir: Wenn zwei in der Disco miteinander tanzen, ist das oft ein Zur-Schau-Stellen von Sex. Meine Theorie ist: Musik macht uns für Sex empfänglich. Okay, sie macht uns generell empfänglich, und als Erstes für den Ur-Instinkt Sex. Und wenn wir emotional offen sind, kommt auch die Spiritualität ins Spiel, dann öffnet Musik den Raum dafür, dass Gott, oder wie immer man das nennen will, eintreten kann. Dafür, dass Leute und Gesellschaften zusammenkommen. All das beweise ich in der Doku mithilfe der Wissenschaft.
Sie sind eng mit Sting befreundet, sagen aber, Sie wollen nicht mehr mit ihm musizieren, weil sie dann zu streiten anfangen. Warum ist das so?
Für Sting ist Musik ein heiliger Zufluchtsort voll Schönheit, wo er Erfüllung findet. Für mich ist sie Feiern, Improvisieren, Verrückt spielen und der Ausdruck von wildem Enthusiasmus. Beides macht in Summe Police aus. Wir haben gegenseitig auch große Sympathie für den Zugang des anderen. Aber das heißt nicht, dass Sting happy ist, wenn sein Zufluchtsort von all dem Lärm überrollt wird. Und ich bin nicht glücklich, wenn ich vor Freude und Energie explodiere, und er schaut verletzt drein.
Kommentare