Platz lassen für die Geister

Thomas Stangl, Jahrgang 1966
Thomas Stangl ist dazwischen, daneben, auf der Seite ...

Was "daneben" passiert, interessiert Thomas Stangl. Das "Dazwischen", das "Auf-der-Seite". Das hat der Wiener zuletzt im hochgelobten Roman "Regeln des Tanzes" gezeigt.

In seiner Essay-Sammlung "Freiheit und Langeweile" erklärt er z. B., warum er dem Wahnsinn Genauigkeit so nah ist. Würde er festhalten, was in 20 Sekunden an ein paar Kaffeehaustischen geschieht – ein Buch würde voll sein. Da ist ja auch noch eine Fliege beim Kaffee, und auch Fliegen haben Gedanken ... So öffnet Stangl Türen zur Literatur, die sonst geschlossen sind. Ist schon in Ordnung, dass man mitunter nur Bahnhof versteht. Er hat ja auch so seine Probleme:

"Alles beginnt damit, dass die Welt und das eigene Denken mir von Grund auf unverständlich sind."

Eine der vielen Überlegung im Buch wird schwer aus dem Kopf zu kriegen sein. Es handelt sich angeblich um einen japanischen Brauch: Selbst wenn die Straße leer ist, bleibt man bei roter Ampel stehen, um Platz für die Geister der Autowracks zu lassen.


Thomas Stangl:
„Freiheit und Langeweile“
Droschl Literaturverlag. 112 Seiten. 18 Euro.

KURIER-Wertung: ****

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