Nein, auch als Kulturkritiker schaut man sich normalerweise nicht zwei Konzerte hintereinander an: Man geht zum ersten und schreibt darüber und wünscht für das zweite den Besucherinnen viel Spaß. Zumindest den ersten Teil habe ich auch diesmal genauso gemacht: Hier ist meine Kritik zum ersten Wien-Konzert.
Aber aus einem schönen privaten Grund habe ich diesmal auch das zweite Konzert besucht - mit dem Vorhaben, die selbe, eh schon so gut wie perfekte Show ein zweites Mal durchlaufen zu lassen. Doch die Realität war eine ganz andere: Das zweite Konzert war, zur Überraschung meinerseits, das wesentlich bessere.
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Ein ausgewechselter Star
Nein, die Sängerin war beim ersten Konzert alles andere als schlecht! Aber dennoch: Sie war spürbar auf Distanz, zumindest mehr als man erwarten würde. Ja, sie redete mit den Fans, und ja, sie lobte die Geschenke. Aber Pink schien hier die Bewegungen zu durchlaufen, die man eben durchlaufen muss. "Bei all dem wirkte die Sängerin wie ein Wiener Kaffeehauskellner am ersten Tag der Einschulung: Eh sehr freundlich, aber ein Extraglas Wasser zum Kaffee hätte man sich nicht bestellen trauen", schrieb ich in die erste Kritik.
Welche ein Unterschied erwartete das Publikum dann am Sonntag: Mehr oder weniger von Anfang an war Pink die lächelnde, empathische, freundliche, nahe Person, die man von ihr erwartet. Sie scherzte mit den Musikerinnen, sie lächelte ins Publikum und interpretierte ein rätselhaftes Stofftier-Geschenk halt einfach als Babykuh, und sie wollte immer schon eine Babykuh, wie sie sagt. Man hantelt sich da natürlich an Banalitäten und Oberflächen entlang, aber es war erstaunlich, welche im Detail andere Stimmung das machte.
Pink ironisierte auch das Bekenntnis zu Rammstein, das beim ersten Auftritt für ein ganz klein wenig Missstimmung gesorgt hatte - und fragte, wer denn Rammstein-Fan war, und nachdem es da wenig Widerhall gab, redete sie einfach weiter. Peinlichkeit abgebogen!
Die lustige Pink vom Sonntag machte auch die Setlist zu einem völlig anderen Erlebnis: Wo am Samstag phasenweise allzuviel Entschleunigung wie bei einer Hochschaubahn in Zeitlupe herrschte, funktionierte das Gesamtprodukt am Sonntag von der ersten Minute an durchgängig ohne Durchhänger.
Keine Rede davon also, dass das Brimborium rundherum - selbst wenn so viel Brimborium dabei ist wie hier - hier die Persönlichkeit des Stars unnötig macht oder übertönt: Selbst eine Show wie der "Summer Carnival" mit motorisierten Flamingos, allerlei Hochseilakrobatik und Feuerwerk vor mehr als 40.000 Leuten lebt letztlich mit einer und von einer Person. Und das ist eigentlich ein ebenso überraschender wie tröstlicher Gedanke.
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