Pianist Gottschlich: „Inspirierend ist, dass überall andere Musik in der Luft liegt“

Pianist Gottschlich: „Inspirierend ist, dass überall andere Musik in der Luft liegt“
Pianist Markus Gottschlich über „gefundene Sounds“ als Element seiner Musik

Blick auf das verschneite Hietzing vom – während des Lockdown geschlossenen – Jazzlokal Reigen: Markus Gottschlich, Jahrgang 1980, ist nach 23 Jahren in den USA wieder in seine Heimatstadt zurückgekehrt, aber nicht überrascht vom plötzlichen Wintereinbruch: „Ich habe auch schon in New Mexico ein paar heftige Schneestürme erlebt.“

Hier in Wien ist der Pianist im Pasqualati-Haus just in der Wohnung aufgewachsen, in der einst Beethoven wohnte und u. a. „Fidelio“ komponierte: „In meinem Zimmer waren noch die Abdrücke der Klavierfüße seines Flügels zu erkennen.“

Hier in Wien begann er mit fünf Jahren, Klavier zu spielen: „Cerny, die Klassiker, und das, was einem der Lehrer aufgibt, damit der Schüler nicht aufhört zu üben: Blues und Boogie.“

Hier hat er als Teenager den Jazz für sich entdeckt, ein Album mit John Coltrane und Duke Ellingtons minimalistischem Klavierstil.

Und ein Schlüsselerlebnis war „Conference de Presse“ von Eddy Louiss und „dem wunderbaren Michel Petrucciani, der diesen überschwenglich romantisch-melodischen Zugang hatte und doch auf den Tasten wie mit einem Schlagzeug agierte“, sagt Gottschlich im KURIER-Gespräch. „Bis dahin wusste ich gar nicht, dass ein Klavier so toll klingen kann.“

Der Teenager begeisterte sich aber noch mehr für Basketball. Um über den Sport und nach dem Studienabschluss im Fach „Internationale Betriebswirtschaft und Politischen Beziehungen“ in New York und Connecticut in Florida zu landen.

2013 wurde der Wiener künstlerischer Leiter des Miami Beach Jazz Festivals und Gründer der Jazz Academy Miami (JAM) und zuletzt Director des New Mexico Jazz Workshop in Albuquerque, New Mexico, einem der wichtigsten Veranstalter von Multi-Arts-Festivals im Süd-Westen der USA.

„Frustrierend in den USA ist, dass Musik dort oft als Mittel zum Zweck verwendet wird, um ein Produkt zu verkaufen“, beklagt der Kosmopolit die oft fehlende Wert-schätzung der Kunst. „In Europa und Asien zählt allein die Musik. Da sind die Menschen begeisterungsfähig und wollen Neues hören.“

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