Partituren für die Nachwelt

The Who mit Pete Townshend (ganz rechts) 1966 live in Stevanage.
The Who feiern den 50er mit offizieller Biografie und Klassik-Konzert in Wien.

Dritter Dezember 1965: The Who veröffentlichten ihr Debüt-Album "My Generation". Mit der gleichnamigen Single, einem Hit, der – obwohl subjektiv aus der Sicht eines Jugendlichen der rebellierenden Nachkriegsgeneration geschrieben – seine Generation überdauert hat.

Dieses 50-jährige Jubiläum feiert die einflussreiche Band jetzt mit dem Buch "The Who 50: Die Offizielle Bandgeschichte". Aufgeschrieben wurde die Historie von The Who von Ben Marshall – allerdings in enger Zusammenarbeit mit den noch lebenden Gründungsmitgliedern, mit Gitarrist und Songwriter Pete Townshend und Sänger Roger Daltrey.

Liebevoll

Deshalb bietet die erste von der Band authorisierte Biografie jede Menge unterhaltsamer Anekdoten und mehr als 500 bisher unveröffentlichte, teils private Fotos. Außerdem Faksimiles von handschriftlichen Songtexten, Briefe und genauso liebevolle wie humorvolle Kommentare von den Musikern.

Partituren für die Nachwelt
The Who, Cover, Prestel Verlag, Gratis.

Diese Erklärungen liefern zusammen mit den im Text verwendeten Interview-Passagen einen tiefen Einblick in die Gedanken und Inspirationen von Townshend – und somit in die Entstehungsgeschichte von Rock-Klassikern wie "Who’s Next" und "Tommy", der Mutter aller Rockopern. Schade ist, dass in der deutschen Version von "The Who 50" der leichte Sarkasmus und der Wortwitz in Townshends Alltagssprache nur recht holprig übersetzt sind.

Aber das Buch ist nicht die einzige Aktion, die das Jubiläum begleitet. Seit 2014 sind Daltrey und Townshend auf der "The Who hits 50"-Tour. Begleitet werden sie dabei unter anderen von Ringo-Starr-Filius Zak Starkey, der für den 1978 verstorbenen Drummer Keith Moon einspringt, und Pino Palladino, der an der Stelle von John Entwistle (2002 einem Herzversagen erlegen) die dicken Bass-Saiten zupft.

Genesen

Die Herbst-Shows in den USA mussten allerdings verschoben werden, weil Daltrey im September an einer viralen Gehirnhaut-Entzündung erkrankte. Mittlerweile ist er voll genesen, und ab Februar 2016 holen The Who die USA-Tour nach.

Wie es danach weitergeht? Vermutlich gar nicht. Zwar deutete Daltrey 2014 in einen Interview an, dass die Tour verlängert werden könnte. Allerdings findet Townshend in dem Buch auch deutliche Worte: "Es wäre unaufrichtig, so zu tun, als ob wir nicht am Ende stünden. Aber es ist schwer, sich zu ändern, nachzulassen, hinzunehmen, dass wir zu alt sind, das zu machen, was uns einmal leichtfiel."

Dieses Zugehen auf das Ende liegt auch dem "Classic Quadrophenia"-Projekt, einer Orchester-Aufnahme von Townshends zweiter Rockoper, zugrunde. Darin wird die Geschichte des Außenseiters Jimmy beschrieben, der in einer Mod-Clique Halt sucht, aber sich schließlich in Brighton seiner gespaltenen Persönlichkeit bewusst wird.

Partituren für die Nachwelt
2008 Kennedy Center Honoree rock musician Pete Townshend (R) of The Who holds hands with Rachel Fuller as he arrives at the Kennedy Center for the Gala in Washington, December 7, 2008. The 31st Annual Kennedy Center Honors awards are given for lifetime achievement in the performing arts. REUTERS/Mike Theiler (UNITED STATES)
"Anfangs wollte ich nur Partituren für ,Quadrophenia‘ erstellen lassen, damit später, wenn ich einmal gestorben bin, ein Orchester dieses Oratorium aufführen kann. Aber als meine Partnerin Rachel Fuller begann, ,Quadrophenia‘ zu orchestrieren und Demos aufzunehmen, wurde schnell klar, dass diese Musik so ein eigenes Leben bekommt."

Nach der Premiere von "Classic Quadrophenia" in London wird das Werk am Samstag auch im Wiener Konzerthaus aufgeführt. Robert Ziegler dirigiert dabei die Bohuslav Martinu Philharmonie und der Tenor Alfie Boe singt die Rolle des Jimmy. Einige Restkarten sind noch verfügbar, Beginn ist um 20 Uhr.

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