Pete Doherty: Musik am Abgrund

epa03781215 British singer Pete Doherty of UK band Babyshambles performs during a free concert organized by French radio station OUIFM in Paris, France, 08 July 2013. EPA/IAN LANGSDON
Pete Doherty feiert mit "Sequel To The Prequel" ein Comeback - trotz mehrfach misslungenem Entzug.

Was muss ich noch alles erleiden, damit es endlich in mein Bewusstsein dringt, dass ich aufhören muss?“ Pete Doherty gibt Interviews. Eigentlich, um das eben erschienene Babyshambles-Album „Sequel To The Prequel“ zu besprechen, aber nach wie vor dreht sich dabei alles um seine Sucht.

Auch wenn es jüngst ruhiger um den 34-jährigen Musiker, Maler und Schauspieler geworden ist, er konsumiert nach wie vor regelmäßig Crack und Heroin. Und im Gespräch mit dem britischen NME hat er auch gleich die Antwort auf seine eigene Frage parat: „Wahrscheinlich muss ich erst meine Lust auf Sex verlieren, bevor ich aufhören kann“.

Als „Last Of The Rock Romantics“ hat Alex Hannaford dieses Leben verkauft, als er Dohertys Biografie schrieb. Doch romantisch sind nur noch seine Texte. Das Leben des bekanntesten Junkies von England, der mit dem Debüt-Album seiner ersten Band The Libertines 2002 berühmt wurde, ist das längst nicht mehr.

2009 zog Doherty nach Paris, um der britischen Klatschpresse zu entkommen, um außerhalb des Rampenlichts den Entzug zu schaffen. Und wohl auch, weil er in London so viele Schulden hatte, „dass ich mich kaum mehr zurücktraue“. Doch auch die Tatsache, dass Drogen in Paris schwer zu beschaffen sind, half nicht: Doherty konnte seinen Konsum „nur einschränken, nicht stoppen“.

Wunder

Deshalb sind seine Arme mit Einstich-Wunden übersät, viele entzünden sich, es bilden sich Abszesse, weshalb er permanent Antibiotika schlucken muss. 2012 ging er in eine Entzugsklinik in Thailand: „Ich war sehr lange auf Methadon, konnte das mehr und mehr einschränken“, erzählt er. „Nach vier Wochen sollte ich auch damit ganz aufhören – und das ist einfach nicht passiert.“

Unter diesen Umständen ist es nur Drew McConnell zu verdanken, dass „Sequel To The Prequel“ entstehen konnte. Der Bassist, der sich 2011 bei einem Motorradunfall an drei Stellen das Rückgrat gebrochen hatte und fünf Monate das Gehen neu lernen musste, packte danach seinen Computer und ein Mikro, flog zu Doherty nach Paris und begann, dessen und seine eigenen Song-Schnipsel zu bearbeiten.

„Er hat Wunder vollbracht“, sagt Doherty. Und weiß genau, was der nächste Schritt für die Band sein muss: „Ich denke, ich sollte noch einmal nach Thailand gehen und einen ordentlichen Versuch wagen – endlich wirklich clean werden.“

Sound

Doherty, Drew McConnell und Mik Whitnall liefern mit „Sequel To The Prequel“ ein sofort einnehmendes Indie-Rock-Album ab, das sich manchmal auch an Punk („Fireman“) oder Country orientiert („Fall From Grace“) und mit großartigen Pop-Melodien und dichter Atmosphäre vollgepackt ist.

Texte

Doherty singt über Minenfelder und Krankenhäuser und ist am besten, wenn er authentisch und bei sich bleibt, anstatt moralisch zu werden.

KURIER-Wertung: ***** von *****

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