"Perikles": Kurze Comics statt ein Gemälde

"Perikles": Kurze Comics statt ein Gemälde
Kritik - Stefan Bachmann hat Shakespeares so gut wie nie gespielte Romanze "Perikles" aus dem Jahr 1607 ausgebuddelt und zeigt sie nun im Kasino des Burgtheaters.

Die ersten neun Szenen des an Episoden reichen Schauspiels werden einem George Wilkins zugeschrieben, Wirt und vermutlich auch Puffbetreiber in Cow-Cross, London. Und nur weil hier vom britischen Barden die Rede ist, soll nicht über die bewusstseinserweiterende Wirkung britischen Branntweins spekuliert werden.

Der Inhalt, so kurz es geht: Perikles, Prinz von Tyrus, will Prinzessin Nr. 1 freien, erkennt aber, dass sie mit ihrem Vater ein Verhältnis hat. Er flieht, der Beginn einer ausgedehnten Mittelmeerkreuzfahrt.

Die spült ihn auch an die Küste von Prinzessin Nr. 2. Hochzeit, Kind, Heimreise.
Sie entbindet an Bord, stirbt, denkt er, wirft sie also über die Reling und gibt den Säugling in die Hände befreundeter Fürsten. Die sind aber längst nicht so freundlich, also landet seine Tochter bei Piraten und im Bordell. Mutti lebt derweil in einem Tempel. Am Ende finden sich alle drei, Perikles stirbt vor Glück.

Bachmann nimmt seinen Shakespeare so ernst, dass man lachen muss. Mit neun Schauspielern gestaltet er einen fantastisch fantasievollen Abend, dem die irren Ideen nie auszugehen scheinen. Da wird Ephesus zur sanft schwulen Hippie-Kolonie; der Dreh eines Porno-Streifens zur blutigen Pulp Fiction; und bei einer Exhumierungsszene dürfen sich die Zuschauer gegenseitig mit Taschenlampen blenden. Sehr schön!
Aber was weiter?

Viele hübsche Comicbildchen sind in Summe noch kein gewaltiges Gemälde. Und um über fehlende Charakterentwicklung räsonieren zu können, hätten erst welche gestaltet werden müssen. Ja, die Schauspieler spielen auf Teufel komm' raus, ein halbes Dutzend Rollen ein jeder.

Und (fast) jeder darf mal Perikles sein. Auch schön! Doch wirklich Profil geben ihren Figuren nur Simon Kirsch (ein ganz großartiger junger Perikles), Barbara Petritsch als superböse Fürstin Dionyza und Markus Meyer als seltsamer Schwiegervater Simonides.

Fazit: Bachmann sättigt mit Beilagen. Sein Griechenabend ist wie Gyros. Mit viel Tsatsiki, ohne Katharsis.

KURIER-Wertung: **** von *****

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