Paul Weller in Wien: Pure Spielfreude trotz technischer Probleme

Paul Weller in Wien: Pure Spielfreude trotz technischer Probleme
Der "Godfather of Brit-Pop" gastierte im seit Wochen ausverkauften Volkstheater

Stil war Paul Weller immer schon wichtig. Die Brit-Pop-Ikone war zu Beginn der Karriere mit der Band The Jam ein prägender Faktor der Mod-Kultur, die unter anderem Wert auf gepflegte Kleidung legte. Das sieht man dem 65-Jährigen immer noch an. In grauer Hose aus feinem Zwirn, einem schwarzen, sanft glänzenden Oberteil und einer braunen Lederjacke kommt der auf die Bühne des Wiener Volkstheaters.

Mehr Wert auf das Optische legt Weller bei seinen Auftritten aber nicht. Er lässt das Konzert in dem seit Wochen ausverkauften Haus ganz und gar Konzert sein. Es gibt wenige bunte Scheinwerfer, die nur gelegentlich ein weißes Ornament auf den blauen Vorhang hinter der Bühne zeichnen. Der Fokus des Auftritts darf so zwei Stunden lang ausschließlich auf der Musik sein.

Und die trägt das mühelos. Vom ersten Ton des Openers „Cosmic Fringes“ an, einem Song, den Weller für sein jüngstes Solo-Album „Fat Pop (Volume 1)“ direkt nach der Ermordung des Afroamerikaners George Floyd durch einen weißen Polizisten geschrieben hat, ist zu hören, dass hier versierte Musiker auf der Bühne stehen. Und Weller, der in den frühen 70er-Jahren mit der Rockband The Jam begann, später mit Style Council Soul- und Jazz-Elemente verarbeitete und seit 1992 als Solo-Künstler unterwegs ist, schöpft aus einem breiten Repertoire von Stilen.

„My Ever Changing Moods“, einer der bekanntesten Style-Council-Songs, swingt, dass man schon nach fünf Minuten die Sessel im Volkstheater verdammt. Funkig wird es mit „That Pleasure“ und rockig mit „Jumble Queen“, das Weller mit seinem besten Freund Noel Gallagher von Oasis geschrieben und noch gar nicht veröffentlicht hat.

Auch vom Sound her gibt es viel Abwechslung. Viele der Musiker sind Vielinstrumentalisten. Sie bereichern durch zwei Schlagzeuger und variantenreiche Rhythmen die fast immer bewegte (und bewegende) Basis nicht nur mit Bass und Gitarren, sondern auch mit Saxofonen, Querflöte, Melodica und Mundharmonika.

Weller selbst wirkt ungeachtet des Alters wie ein 20-Jähriger, der nicht weiß, wo er mit seiner Energie hinsoll, nützt seine volle Stimme perfekt in den Höhen und Tiefen und hat sichtlich großen Spaß an der „Arbeit“.

Er wechselt zwischen E- und Akustik-Gitarre und geht zwischendurch auch zum Klavier. Dort bricht er dann nach rund zwei Drittel kurz ab und geht von der Bühne. Schon vor drei, vier Songs hatte sein Gitarrist Probleme mit seinem Verstärker und den Effekt-Geräten bekommen. Techniker hatten sich hektisch bemüht, es zu beheben, einen Verstärker, Kabel und kleine Boxen ausgetauscht – alles während Weller und die anderen wacker weitergespielt haben, als wäre alles normal. Doch als er jetzt am Pianino in der Ecke eine Ballade anspielt, und die von einer grausig schrillen Rückkopplung zerrissen wird, reicht es ihm und er lässt die Techniker in Ruhe reparieren.

Das bremst ein wenig die Stimmung. Aber clever und der routiniert, wie er ist, kehrt Weller nicht mit der Ballade am Klavier zurück, sondern mit der Gitarre und dem mitreißenden Style-Council-Klassiker „Shout To The Top“. Damit reißt er die Wiener von den Sesseln. Der Rest ist ein Selbstläufer, bei dem die Volkstheater-Besucher mit „Start!“ auch noch eine Lied von The Jam zu hören bekommen und zum Schluss mit sechs Songs in zwei Zugaben belohnt werden.

 

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