Patti Smith: Von Wien inspiriert

Patti Smith live: 14. 7. in Wien, 4. 8. in Wels
Die "Grandmother of Punk" über ihre "Horses"-Show, ihre Motivation und den Papst.

Ihr habt so viele Autoren, Architekten, Philosophen und Komponisten, die mir so wichtig sind." Patti Smith liebt Wien und kommt immer wieder gerne in die Donaumetropole. Wenn sie am 14. Juli in der Open-Air-Arena auftritt, wird sie das 40-jährige Jubiläum ihres Debüts "Horses" feiern, dabei das Album durchspielen und ein paar Hits drauflegen.

KURIER: Ich würde meinen, dass Sie lieber in die Zukunft als in die Vergangenheit blicken. Warum aber dann die "Horses"-Show?

Patti Smith: Sie haben vollkommen Recht. Im Oktober wird ein Buch von mir veröffentlicht, ich arbeite gerade an einer Fotoausstellung und werde in den nächsten sechs Monaten wieder ins Tonstudio gehen. Aber "Horses" war mein erstes Album. Und wer hätte gedacht, dass ich 40 Jahre später noch auf Tour bin und mir immer noch Leute zuhören wollen. Das kann man schon feiern. Speziell in Wien. Da ist mein Geist immer sehr aktiv und das poetische Improvisieren höchst spannend.

Warum, glauben Sie, ist das so?

Das liegt an den Jahrhunderten reicher, kultureller Geschichte. Ich glaube an die Energie des Bewusstseins. Daran, dass man beim Improvisieren nicht nur sein eigenes Unterbewusstsein anzapft, sondern auch das kollektive Bewusstsein eines Ortes. Ich habe bei euch Improvisationen über Wittgenstein und Mozart gemacht, was sehr spannend war.

"Horses" ist ein zeitloser Klassiker der Rock-Geschichte. Was hat das Album dazu gemacht?

Schwer zu sagen. Vielleicht, weil ich dachte, dass es das einzige Album sein wird, das ich je mache, und alles hineingelegt habe. Dabei hatte ich aber keine Ambitionen, reich und berühmt zu werden, oder etwas ganz Neues zu schaffen. Nur den Wunsch, mit Musikern, Dichtern, Künstlern und Menschen, die vielleicht auf Grund ihrer sexuellen Orientierung oder Hautfarbe ausgegrenzt sind, zu kommunizieren. Zu sagen, dass sie nicht alleine sind, war meine einzige Motivation.

Wie hat sich diese Motivation seither verändert?

In den 40 Jahren hat sich unsere Gesellschaft so geändert, dass die Ausgegrenzten und Entrechten nicht mehr nur Poeten und Künstler sind, sondern sich fast alle Leute so fühlen. Denn die Regierungen, die Konzerne und das Militär sind so mächtig geworden. Die Reichen und Mächtigen machen nur einen kleinen Prozentsatz der Bevölkerung aus, haben die Welt aber total im Griff. Mit dem Alter bin ich auch viel mitfühlender geworden, spreche auch deshalb jetzt zur großen Masse und nicht mehr nur zu Poeten und Musikern.

Vor ein paar Jahren sagten Sie einmal: "Ich muss nicht jedes politische Ereignis kommentieren." Waren sie da politikmüde?

Manchmal verlangen die Leute von mir, dass ich über die politische Welt spreche. Da bin ich aber nicht so wortgewandt. Denn ich bin Künstlerin, keine Politikerin. Aber ich habe einen gesunden Menschenverstand. Damit habe ich erkannt, dass der Irakkrieg kein Krieg, sondern eine grausame Invasion war, und wandte mich gegen die Bush-Regierung. Ich sehe, dass wir die Umwelt ruinieren und Sklaven der Technologie geworden sind. Ich will, dass meine Shows Spaß machen und befreien, aber auch inspirieren und animieren, aktiv zu werden. Deshalb äußere ich mich in Shows zu solchen Dingen. Aber immer nur als mitfühlender Mensch und als Mutter.

2013 und 2014 haben Sie für den Papst gespielt. Haben Sie da "Gloria" mit dem Satz "Jesus died for somebody’s sins but not mine" gesungen?

Ha ha ha … nein, das wäre nicht angebracht gewesen. Es waren Weihnachts-Shows für seine Benefizorganisation, also habe ich Lieder wie "Holy Night" und "People Have The Power" gespielt. Ich habe ihn dabei nur kurz getroffen, nicht länger mit ihm gesprochen. Aber viele seiner Anliegen sind auch meine. Er sorgt sich um die Zukunft der Kinder und um die Umwelt. Und was katholische Lehren angeht: Ich bin keine Katholikin, also steht es mir auch nicht zu, ihn darauf anzusprechen.

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