Patrick Dempsey: „Die Machtbesessenen machen viel Lärm um sich“

von Gabriele Flossmann
Dass die Finanzwelt nicht nur für Blockbuster wie „The Wolf of Wall Street“, sondern auch für TV-Serien bestes Futter bietet, wurde bereits mit „Bad Banks“ demonstriert. Mit jener Thriller-Serie, die uns vor Augen führen sollte, wie die Hochfinanz zu einer nicht minder hohen Arroganz und Schamlosigkeit aufläuft, wenn es darum geht, sich auf Kosten der Arbeitsleistung der Mittelschicht zu bereichern. Drei Jahre später lenkte die Sky-Serie „Devils“ ihren Fokus auf die Londoner Finanzwelt, genauer gesagt auf das britische Büro einer US-amerikanischen Bank.
Die erste Staffel der Serie spielte im Jahr 2011, und deckte in einer fiktiven (?) Story die Hintergründe der der Eurokrise auf - inklusive dokumentarischer Ausschnitte wie dem berühmten Zitat des italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi „whatever it takes". Am Dienstag (21. Juni) geht die Serie bei Sky in die zweite Staffel. Erneut mit dabei: Patrick Dempsey.
KURIER: „Devils“ handelt auch von den Ängsten, die uns der Zustand der heutigen Welt einflößt. Wie gehen Sie persönlich damit um?
Patrick Dempsey: Wenn ich Zeitungen lese und Nachrichtensendungen höre und sehe, versuche ich mich danach abzulenken, um wieder Optimismus zu tanken. Jeder Mensch hat da seine eigenen Methoden – von Religion, Kunst und Kultur bis zu sportlichen Herausforderungen. Meinen Ängsten entkomme ich am besten, wenn ich hinaus in die Natur gehe. Je einsamer, desto besser. So kann ich mir wichtige Emotionen wie das Mitgefühl mit anderen erhalten. Ohne diesen Ausgleich stumpft man ab. So wie die Medien heutzutage agieren, wollen sie uns mit einem Bombardement von meist negativen Schlagzeilen ständig „high“ und damit abhängig machen. Mit wahrem Journalismus hat das nichts zu tun. Das sind Entertainment-Shows – und diesen Unterschied muss man sich vor Augen halten, damit man das innere Gleichgewicht nicht verliert.
Was tun Sie in der Natur, wenn Sie den inneren Ausgleich suchen?
Wandern oder Radfahren und die Gegend genießen. Das ist gut für den Geist und fürs Gemüt. Wenn ich mich körperlich ertüchtigen will, gehe ich in ein Fitness Center. Da gibt es nichts zu sehen, das mich ablenken könnte.
Hat das vielleicht auch damit zu tun, dass Sie selbst nicht gesehen werden wollen? Ist das einer der Nachteile des Berühmtseins, dass man kaum etwas tun kann, das nicht von anderen kommentiert wird? Dass man von Fans als Vorbild gesehen wird und sich in der Öffentlichkeit entsprechend verhalten sollte?
An sich sollten sich Politiker so benehmen, dass sie als Vorbilder dienen können. Aber diejenigen, die ein gutes Beispiel abgeben würden, treten meistens so bescheiden auf, dass man sie kaum bemerkt. Die Machtbesessenen machen viel Lärm um sich, damit sie von den Medien wahrgenommen werden. Das ist ein Teufelskreis. Natürlich habe ich auch als Künstler eine politische Haltung, für die ich eintrete. Ich glaube, dass die meisten Menschen ein Bauchgefühl für die Wahrheit haben, aber sie sollten sich vielleicht mehr darauf verlassen. Das wäre auf jeden Fall wirkungsvoller, als wenn ich Predigten gegen „Fake News“ halte.

Wie sehen Sie die Rolle, die Sie in der neuen Staffel von „Devils“ spielen?
In der ersten Staffel war ich ein Typ, der im Kapitalismus einen Ausdruck der westlichen Demokratie sah. Für ihn war der internationale Finanzmarkt ein Spiel, für das er ein geeignetes Team von Playern rekrutieren wollte. Und Kryptowährungen wie Bitcoin haben für ihn das Spiel noch spannender gemacht.
Hat sich Ihre Einstellung zur Rolle seit der ersten Staffel verändert? Haben Sie sich auch persönlich seither verändert?
Viel hat sich verändert in den zwei Jahren seit der ersten Staffel. Vor allem durch die Corona-Pandemie. Da man weniger reisen konnte, war ich mehr auf mich selbst und meine Gedankenwelt zurückgeworfen.
Sie sind in zahlreiche Sozialprojekte involviert. Sind die durch die Pandemie anders oder mehr geworden?
Das „Center for Cancer Hope and Healing“ (Informationszentrum für Krebskranke und deren Angehörige, Anm.) habe ich schon 2008 gegründet und ich spende und sammle dafür nach wie vor. Seit der Corona-Pandemie trete ich auch dafür ein, dass die Menschen Masken tragen, um die Verbreitung einzudämmen. Und ich mache mir Gedanken über die Menschen, die sich das simple Überleben kaum noch leisten können. Durch den ständigen Anstieg der Wohnungspreise, der Kosten für Lebensmittel, Benzin und Krankenversicherungen. Ich denke auch an meine Kinder und an die Zukunftsaussichten, die sie haben. Ich weiß natürlich, dass Taten mehr zählen als Worte. Aber wenn man mir eine Plattform bietet, dann setze ich meine Prominenz gerne dafür ein, dass diese Anliegen gehört werden. Ich möchte etwas bewirken – im positiven Sinne. Dazu gehört, dass ich bei Sozialprojekten und Spenden mit gutem Beispiel vorangehe. Aber durch meinen Beruf als Schauspieler bin auch ein Geschichtenerzähler, der das Publikum zumindest für wenige Stunden von ihren Sorgen ablenken kann. Auch das ist wichtig.
„Es heißt, der größte Trick des Teufels ist, dass er uns glauben lässt, dass er nicht existiert“, sagt der von Alessandro Borghi gespielte erfolgreiche italienische Banker Massimo Ruggero am Beginn der ersten Staffel von „Devils“. Um wenig später zu erkennen, dass der Teufel in ihnen selbst steckt. Und genau darum, um das Böse im Menschen in Form von Gewinnsucht und Gier geht es auch im zweiten Teil der Serie. Um den Dualismus zwischen Gut und Böse. Um den Kampf der Protagonisten mit dem inneren Schweinehund.
Der (Bad) Banker Massimo Ruggero spielte in der ersten Staffel eher die „zweite Geige“. Als Zugpferd diente sein Gegenspieler Dominic Morgan. Gespielt von Patrick Dempsey, der seinen OP-Kittel aus „Grey’s Anatomy“ gegen einen perfekt sitzenden Maßanzug austauschte und dessen Charme sowohl Mitarbeiter und Kunden als auch die Zuschauer in den Bann ziehen konnte. Die zweite Staffel der Serie basiert wieder auf dem Roman „I diavoli“ von Guido Maria Brera.
Vier Jahre sind vergangen und Massimo Ruggero ist auch im Jahr 2016 noch der Chef der New York-London Investment Bank. Während der Brexit immer näher rückt und Donald Trump in Amerika als Präsident kandidiert, wird Massimo vom Vorstand der Bank vermehrt unter Druck gesetzt. Dies bewegt ihn dazu, nun auch Teammitglieder aus China mit an Bord zu holen. Auf einmal taucht jedoch sein ehemaliger Mentor Dominic Morgan wieder auf und warnt ihn ausdrücklich vor einem stillen Krieg zwischen Amerika und China, in dem es um die persönlichen Daten von unzähligen Menschen geht, und dass ihn seine neuen Partner verraten werden. Alles dreht sich um die Fragen: Muss man tatsächlich ein Teufel sein und bleiben, um in diesem Geschäft bestehen zu können? Und: Wer kann wem wirklich vertrauen?
Sieht man von diversen Banker-Klischees (Ferraris, Designermöbel, Koks) ab, ist die Serie unverkennbar um Tiefgang bemüht. Etwas ernüchternd ist, dass auch die zweite Staffel männerdominiert ist. Für stabile Beziehungen oder gar Familien ist kein Platz. Möglichst attraktive Frauen (Mitglieder der Finanzteams oder investigative Journalistinnen) sorgen für ein paar gute Sprüche bei diversen Cocktails. Die achtteilige zweite Staffel von „Devils“ ist ein Parforceritt durch die jüngste Geschichte von 2016 bis 2020. Sie endet mitten in der Corona-Pandemie.
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