Paraflows: Der Computer als Kulturmaschine

Kunstvoll knackende Festplatten von Marcelina Wellmer.
Den Mistkübel als Datenquelle und den "Tatort" als Phrasensammlung zeigt eine spannende, kurzweilige Ausstellung in Wien.
Paraflows: Der Computer als Kulturmaschine

Es ist ein Geräusch, das man kaum wahrnimmt - aber dennoch hasst. Klack, macht die Festplatte, und man weiß sofort: da hat`s was.

Die Geräuschkulisse des drohenden und bedrohlichen Datenverlustes macht Marcellina Wellmer zur Kunstinstallation: Drei aufgeschraubte Festplatten knacken im Erdgeschoß der Argentinierstraße 11 unfroh vor sich hin, geben in unregelmäßigen Abständen verschiedene Arten von Fehlergeräuschen von sich. Und machen so den Error als wesentlichen Faktor der Kulturmaschine Computer erlebbar.

Das ist gut so, denn Computer, Handys, Fernseher, Internet sind längst jene Orte geworden, an denen Kultur entsteht. Wie spannend und witzig die sein kann, zeigt die heurige Ausstellung des Paraflows-Festivals, "Reverse Engineering".

 

"Hände hoch!"

Paraflows: Der Computer als Kulturmaschine

Klischee-Phrasen aus 40 Jahren "Tatort" collagiert Veronika Schubert zu einer verspielt-kritischen Sammlung von Fernsehbanalität. Bei "V heute" wiederum schneidet sie die Floskeln aus der ORF-Ländersendung zu einem erhellenden Blick auf die Sprache von Fernsehbeiträgen zusammen: da werden dann Pistolen statt Verbrecher eingesperrt, da explodieren Baukosten in absurde Höhen, ist Liechtenstein gegen alles und wirbeln gern verwendete Moderatoren-Phrasen umher, deren völlige Bedeutungsfreiheit beim TV-Konsum sonst gar nicht auffällt.

Der Mistkübel wird bei Ulrike Gabriels "trash hits" zur Datenquelle der gesellschaftlichen Verarmung: die Videoinstallation zeigt nicht, was weggeschmissen wird, sondern dass immer mehr Menschen aus Mistkübeln etwas herausnehmen (müssen).

Der "clar9000" verlangt den Einwurf von 10 Cent, damit er in Arcade-Videospielmanier Kunst ausspuckt, macht aber ohnehin nur das, was er will. Das Netzwerk der internationalen Finanzmärkte wird im Keller zum überdimensionalen Spinnenetz. Und ein menschlicher Haarzopf steckt in einer Maschineneinheit, die ihn in körpertypische Schwingungen versetzt.

Im dreistöckigen Ausstellungsparcours im Kunstverein das weiße haus gibt es auch weniger zugängliche Objekte, die eine gehörige Dosis Ratlosigkeit hinterlassen. Macht nichts: "Reverse Engineering" versteht die Künstler als Forscher, die vorhandene Technologien umdeuten, Ratlosigkeit ist auch hier ein denkbares Ergebnis. Zur Schau (bis 20. Oktober zu sehen) gibt es bis Sonntag ein Symposium zum selben Thema.

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