Das Stück wurde mit dem vom Schauspielhaus ausgeschriebenen Hans-Gratzer-Stipendium 2020 gekürt. Wegen der Installation „Hotel“ in der Porzellangasse wird es nun im Odeon gezeigt.
Mirjam Stängl hat in der ehemaligen Getreidebörse eine Kasperlbühne aufgebaut. Das suggeriert eine seltsame Leichtigkeit, kehrt aber die Schärfe dieses Texts hervor. Im Zentrum steht eine junge Frau namens Baby. Sie muss sich für oder gegen eine Abtreibung entscheiden. In Exkursen lässt Neata zwei „Engelmacherinnen“ aus der Vergangenheit, Ignaz Semmelweis, den Entdecker des Kindbettfiebers, und Susanna Margaretha Brandt, angebliche Kindsmörderin und Vorbild für Goethes Grete im „Faust“, auftreten. An manchen Stellen erinnert dieser Text an Elfriede Jelinek, ist aber von jedwedem Epigonentum weit entfernt.
Neata hat ein Prosagedicht in kurzen, oft kryptischen Sätzen geschrieben. Diese verbindet sie mit Pop-Songs, die den Begriff „Baby“ enthalten. Das entwickelt eine starke Sogwirkung, auch in der Umsetzung von Regisseurin Rieke Süßkow.
Sie zeigt Neatas Pandämonium als Mischung aus Kasperltheater und Musical mit Elementen aus der griechischen Tragödie. Das hervorragende achtköpfige Ensemble trägt Baby-Puppen-Masken und agiert im Guckkasten streng nach dem Muster von Handpuppen, das heißt, sie bewegen ihre Köpfe unnatürlich und spreizen die Unterarme schräg vom Körper. Ihre Beine sieht man nicht. Das hat etwas Dämonisches, passt aber zu dieser perfekt gefertigten Inszenierung. Viel Applaus!
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