Otto Waalkes: "In Museen wird zu wenig gelacht"
In dem Buch "Ganz große Kunst" variiert Otto Waalkes Klassiker der Kunstgeschichte auf seine Art. Der Band entstand in der auftrittslosen Corona-Zeit – Waalkes’ Liebe zur Kunst reicht aber viel weiter zurück.
KURIER: Sie haben in den 1970er Jahren Kunst studiert. Wie sind Sie wieder dorthin zurückgekommen?
Otto Waalkes: Das war ein Kontinuum. Ich wollte freie Malerei studieren, aber die Hochschule nahm zu der Zeit nur Kunstpädagogen auf – also habe ich Pädagogik mitstudieren müssen. Während des Studiums bin ich in kleinen Clubs aufgetreten – und plötzlich war eine ziemliche Popularität da. Beim Praktikum kannten mich die Schüler schon, sie sagten "Otto, mach uns den Tarzanruf!" – und so war an einen halbwegs ordentlichen Unterricht nicht mehr zu denken. Ich musste mich also entscheiden. Ich habe aber weiter gezeichnet und gemalt, Plattencover und Plakate gestaltet. Die Malerei hat mich immer begleitet.
Es gibt ja viele gute Maler und Zeichner, die in der komischen Kunst erfolgreich sind, aber nicht im Kunstbetrieb mitspielen.
Ja, so wie den Deix – den habe ich kennen gelernt, der hat mich mal in einer Stretchlimo abgeholt, ein großes Talent. Wir haben uns gegenseitig verehrt und uns sehr gut verstanden. Und es war meist eher feuchtfröhlich mit ihm. Es gab ja in der Malerei lange die Tendenz zur Abstraktion – und das Ausweichen in die komischen Fächer war da natürlich der Ausweg für Deix und mich. Denn da musste man figürlich zeichnen können. Aber das Abstrakte hat sich mittlerweile überholt.
Es heißt: Kunst ist zweckfrei, alles andere ist Illustration. Können Sie diese Trennung nachvollziehen?
Nein. Mir kommt es auf die Wirkung an. Wenn ich Ottifanten einbringe in diese klassischen Werke, möchte ich dem Betrachter ein Lächeln entlocken. Es gibt eine gewisse Wiedererkennung, und dann plötzlich kommt eine Überraschung. Das ist eigentlich die Basis der Komik, und das ist es, was ich nutze. Es wird in den Galerien und Museen ja zu wenig gelacht. Meine Bilder sind eine Adaption des Vorbilds, kein Kunstraub, eine Urheberrechtsverletzung findet nicht statt. Denn ein Gesetz sagt: Ein selbstständiges Werk, das in freier Benutzung des Werkes eines anderen geschaffen worden ist, darf ohne Erlaubnis oder Genehmigung des Urhebers des benutzten Werkes verwendet und verwertet werden. Das geht aber nur in der bildenden Kunst. Falco musste ich damals anrufen, als ich dem "Kommissar" einen "Hänsel und Gretel"-Text verpasste.
Wie haben Sie entschieden, welche Werke Sie bearbeiten wollen?
Meistens sind es bekannte Werke, damit der Wiedererkennungsfaktor groß ist. Oder es bietet sich an, Ottifanten einzuschmuggeln. Ich war immer inspiriert durch meine Museumsbesuche, wenn wir auf Tournee waren. In jeder Stadt gibt es überraschend reiche und schöne Galerien und Museen. Aus Österreich haben wir Klimt und Schiele dabei, und Hundertwasser...
Selbstporträt, nach René Magritte
Nach Caspar David Friedrich, "Wanderer über dem Nebelmeer"
Il creazione del Ottifanto, nach Michelangelo
Adeles Goldstück, nach Gustav Klimt - Bildnis Adele Bloch-Bauer
Sitzende mit Kuscheltier, nach Egon Schiele
Otto Waalkes: "Ganz große Kunst - 75 Meisterwärke", Heyne Verlag
Haben Sie zu österreichischer Kunst eine besondere Verbindung?
Der Rudolf Hausner (Maler des Phantastischen Realismus, Anm.) war ja mein Professor. Er hat seinen Assistenten in Hamburg gehabt, der hat ihn vertreten, der Meister kam nur zu bestimmten Anlässen, zum Sichten des Materials. Einmal kam er mit dem Rolls-Royce vorgefahren, ich hatte ein Mischtechnik-Bild gemalt, bis ins kleinste Detail, nach dem Vorbild von Hausner. Er kam rein, da stand mein Bild, und er sagte (ahmt Wiener Dialekt nach): "Interessant, was die jungen Leut’ heut’ alles fertigbringen." Und er kratzte darauf herum – Aaargh! Das werde ich nie vergessen. Die Wiener Schule – Hausner, Hutter, Fuchs – waren die Vorbilder meiner Studienzeit.
Ich finde auch einige Kritik am Kunstbetrieb in Ihrem Buch. Vor allem bei Banksy, Jeff Koons, Alec Monopoly – den Stars des Markts.
So ernsthaft verfolge ich das eigentlich nicht. Aber ja, es findet eine Vermarktung statt, die letztlich Kunst als Ware mit Markenzeichen verkauft. Das lenkt von der Kunstfertigkeit ab, eigentlich könnte man gleich das Preisschild aufhängen.
Welche Kunst finden Sie unterschätzt, welche überschätzt?
Ich weiß nicht – den Malewitsch mit dem schwarzen Quadrat finde ich zum Beispiel weder overrated noch underrated. Der hat auch Farbflächen, die mich faszinieren. Ich finde, teure Bilder sind weder besser schlechter als andere – sie kosten nur mehr Geld.
"Ganz große Kunst – 75 Meisterwärke" ist im Heyne Verlag erschienen (176 Seiten, 27,50 Euro). Einen Überblick über Otto Waalkes' Kunstschaffen bietet die Website www.ottokunst.de. Dort werden auch Reproduktionen der Bilder als limitierte Kunstdrucke verkauft.
Wie sehr machen Sie die Kunst an der Kunstfertigkeit fest?
Ich mag das Handwerkliche, die Technik. Mich interessiert die Manier dieser Maler, auch der modernen. Auch die arbeiten teilweise mit klassischer Schichtenmalerei, ich bin da nicht nur fasziniert davon, ich versuche auch draus zu lernen. Wenn ich das übernehmen und noch meine Geschichten damit verbinden kann, bin ich sehr stolz.
An welchen Bildern sind Sie gescheitert?
Bisher noch nicht (denkt nach). Naja, die Mona Lisa war so ein Versuch, aus der Hand geschüttelt ... Aber das Scheitern liegt ja im Auge des Betrachters. Ich ziehe das so lange durch, bis ich zufrieden bin – bei der Technik der Schichtmalerei geht das ja, man kann sich korrigieren. Es bleibt ein Abenteuer – und ich liebe das! Die Malerei ist für mich entspannend. Der Geist wird beansprucht, der Körper wird nicht übermäßig strapaziert, da vergeht die Zeit – 4, 5 Stunden sind da nichts. Dann denke ich: Oh Gott, ich muss ja noch auf die Bühne – Hollareididi! – und weiter geht’s.
Verfolgt Ihr Buch eine Mission?
Na, meine Mission ist erst erfüllt, wenn Leute in eine Vermeer-Ausstellung gehen und enttäuscht sind, weil die Ottifanten fehlen. Mir sagte eine Mutter gestern, dass sich ihre 14-Jährige jetzt dieses Kunstbuch von Otto wünscht. Sie verstand ihre Tochter nicht mehr. Seit wann interessiert die sich für Kunst? Sie war doch vorher so normal!
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