Ostermayer will "sichtbares Zeichen" am Heldenplatz
KURIER: In Zeiten stagnierender Budgets ist der Spielraum für Neues gering. Und trotzdem soll in der Neuen Burg bis 2018, also zum 100-Jahr-Jubiläum der Republik, ein Haus der Geschichte realisiert werden. Im Sinne eine Schwerpunktsetzung – und daher auf Kosten des geplanten Weltmuseums?
Josef Ostermayer: Ich habe die Entscheidung getroffen, dass ich den Ausbau des Weltmuseums im geplanten Ausmaß nicht unterstütze. Es gab daher über Weihnachten Umplanungen. Das Weltmuseum – oder Haus der Kulturen – wird nun 3900 Quadratmeter haben, dazu kommen 2400 Quadratmeter für Sonderausstellungen. Und wir wollen die Neue Burg samt dem Corps de Logis völlig neu strukturieren. Es soll neben der Nationalbibliothek fünf Museen geben: die Sammlung alter Musikinstrumente, die Hofjagd- und Rüstkammer, das Ephesos-Museum, das Weltmuseum – und das Haus der Geschichte. Dass diese Entscheidung einige Diskussionen hervorrufen würde, war mir klar.
Sehenden Auges also?
Ja. Eben weil wir das Haus der Geschichte realisieren können, das seit zwei Jahrzehnten im Gespräch ist. Mir war auch klar, dass die Frage des Standorts Heldenplatz debattiert werden wird: Ist die Hofburg das richtige Signal? Sollte man nicht neu bauen? Ich bin überzeugt davon, dass es geht, die Geschichte des erweiterten 20. Jahrhunderts, also in etwa ab der Revolution 1848, an diesem Ort darzustellen. Aufgrund der budgetären Situation, in der wir uns derzeit befinden, müssten wir, glaube ich, noch länger warten, bis wir Geld für einen Neubau haben. Ich wollte dieses "Window of opportunity" nutzen.
Aber werden die Mittel, die durch die Redimensionierung der Pläne für das Weltmuseum frei werden, für die Neustrukturierung der Neuen Burg und das Haus der Geschichte reichen?
Nein. Natürlich braucht es zusätzlich Geld. Aber es braucht nur einen Bruchteil dessen, was ein Neubau kostet. Es wäre jetzt deutlich zu früh, sich auf seriöse Zahlen festzulegen. Oliver Rathkolb arbeitet zusammen mit den von ihm nominierten Experten ein Konzept für das Haus der Geschichte aus – auf Basis der bisherigen Entwürfe. Es soll im Sommer fertig sein. Erst danach kann man eine Grobkostenschätzung vornehmen. Wir führen aber schon jetzt Gespräche mit der Bundesimmobiliengesellschaft und der Burghauptmannschaft. Wir müssen klären, was wir tun müssen und wer sich mit welchen Summen beteiligt.
Sie haben den Zeithistoriker Rathkolb beauftragt – und der Koalitionspartner hat sofort quer geschossen. Es geht um heikle Themen wie den Austrofaschismus: Die einen sehen Engelbert Dollfuß als Märtyrer, der von den Nationalsozialisten ermordet wurde, die anderen als Diktator.
Mein Zugang ist: Wissenschaftler sollen das Konzept erarbeiten. Die Liste, die Rathkolb zusammengestellt hat, besteht aus nationalen und internationalen, sehr renommierten Persönlichkeiten, darunter Hélène Mirad-Delacroix von der Sorbonne, Jiří Pešek von der Karls Universität in Prag, Malachi Hacohen von der Duke University, John Boyer aus Chicago und Charles Maier von der Harvard University. Es ist keine parteipolitische Frage, wie die Geschichte darzustellen ist. Ich kann auch nicht das Problem Dollfuß erkennen. Es gibt ja mittlerweile eine Einigung auf den Begriff "Unrechtsregime 1934–38". Die Stimmung ist entkrampft, das habe ich auch im Gespräch mit ÖVP-Staatssekretär Harald Mahrer gespürt. Ich sehe keine partei- oder geschichtsideologische Problematik. Die Zeit ist vorbei.
Sie haben vorhin die ÖNB erwähnt. Liegt es nicht nahe, das Haus der Geschichte operativ in die Nationalbibliothek einzugliedern – als eine Abteilung wie das Papyrus-Museum?
Es liegt verdammt nahe. Das Haus der Geschichte wird klarerweise ein Kooperationsprojekt ohne eigene Sammlung: Es gibt Exponate in der ÖNB, im Staatsarchiv, in der Mediathek, im Heeresgeschichtlichen Museum, im ORF, im Filmmuseum etc. Die Idee ist, die verschiedenen Quellenorte einzubinden. Wir diskutieren natürlich auch die ideale Organisationsform. Der Plan ist, dass das Haus der Geschichte kein eigenständiges Museum wird, sondern – auch im Sinne der Kosteneffizienz – an bestehende Strukturen angedockt wird.
Derzeit kann man gar nicht erkennen, welche Schätze in der Neuen Burg versteckt sind. Dementsprechend schlecht sind die Besucherzahlen.
Am Heldenplatz soll es natürlich ein sichtbares Zeichen geben. Die Idee ist, dass man über den Haupteingang nicht nur zur ÖNB gelangt, sondern auch zu den Museen samt dem Haus der Geschichte. Das Weltmuseum beziehungsweise Haus der Kulturen im Corps de Logis hat einen eigenen Eingang, es wird aber interne Anbindungen geben.
Sie bevorzugen anscheinend den Begriff "Haus der Kulturen"? Der Name "Weltmuseum" wurde ja erst vor zwei Jahren geprägt.
Selbst kulturaffine Menschen können mit "Weltmuseum" nichts anfangen. Der Begriff "Völkerkundemuseum" ist natürlich veraltet, geht also nicht. Aber "Haus der Kulturen" ist ein Begriff, den man versteht, der international durchaus üblich ist. Ich würde ihn bevorzugen.
Kommentare