"American Hustle": Betrüger betrügen Betrüger

Eine umwerfende Jennifer Lawrence (links) als Ehefrau und Amy Adams als Geliebte des Ehemanns: "American Hustle" ist zehnfach oscarnominiert.
Der Oscarfavorit "American Hustle" mit Christian Bale amüsiert als 70er-Jahre-Gaunersatire.

Dies ist ein Halbzeitfilm. Allerdings ohne Pause. Das heißt: Man muss die erste Halbzeit durchhalten und wird dafür in der zweiten Halbzeit belohnt.

Also: Nicht rausgehen, bevor es so richtig angefangen hat. Und das ist erst nach etwa 38 Minuten der Fall. (100, mehr als zwei Halbzeiten, werden noch folgen).

Davor darf man sich erst einmal an das illustre Figurenensemble gewöhnen: Deren Einführung findet meist in halbinteressanten Halbkörperbildern statt. Also: in Gesichtern (plus Oberkörper), die dauernd und fast ausschließlich sprechen (aber dabei gut spielen).

"American Hustle": Betrüger betrügen Betrüger
Film: American Hustle

Nur ganz der Anfang des Films ist wirklich amüsant. Da legt sich Christian Bale nämlich als Irving Rosenfeld in einem Hotelzimmer minutenlang sein Toupet an, Haarteile werden drapiert und sorgfältig angeklebt. So uncool, man muss es bewundern, hat es "Batman" Christian Bale selten gegeben. Ganzkörper-Verwandlungsschauspieler, der er ist, hat er für die Rolle ordentlich zugenommen, sich die 70er- Jahre-Brille aufgesetzt und seinen Bart wachsen lassen. Anders als in "The Fighter", für den er zuletzt den Oscar bekam, wirkt er hier dennoch bis zum Ende maskiert. Aber das passt ja auch irgendwie. Denn um Masken geht es schließlich auch.

Irving Rosenfeld betreibt nämlich im offiziellen Leben im New York der 70er-Jahre eine Putzerei, im kriminellen Leben eine Kleintrickbetrügerei. Offiziell verheiratet mit der manisch eifersüchtigen Rosalyn (einfach umwerfend: Jennifer Lawrence), inoffiziell ein Betrügerpaar mit seiner Geliebten (Amy Adams). Mit ihrer Hilfe und Verstellungskunst hat er seinen Handel mit gefälschten Bildern perfektioniert, als ihm plötzlich das FBI (in Gestalt von Bradley Cooper) auf die Schliche kommt.

Politprominenz

Dieser erpresst nun das Liebespaar, für das FBI undercover zu arbeiten: als Lockvögel für die Politprominenz New Jerseys, die sich schon mal gerne bestechen lässt. Die beiden werden zu Betrügern, die für den Staat Betrüger betrügen. Aber ..., Sie ahnen es schon, wer sich mit Betrügern einlässt, wird oft selbst betrogen. Das gilt für den karrieregeilen FBI-Mann genauso wie für den Staat und das Liebespaar selbst. Lug und Trug herrscht auch in der Liebe, und ständig lauert die Frage: Wer sagt die Wahrheit? Oder belügen sich alle selbst?

Ja, die Idee des Betrugs trieft aus jeder Szene dieses Films, der den wahren Abscam-Skandal des Jahres 1978 persifliert. Das mag man smart finden, es ist auch überdeutlich. An Soderberghs Ocean-Filme darf man sich erinnert fühlen (nur ist "American Hustle" nicht so elegant choreografiert). Oder an Scorseses "Wolf of Wall Street" (nur ist er nicht so großartig gnadenlos.) Bei Scorsese gibt es selbst die Liebe nicht mehr (nur Sex und Gier). "American Hustle"-Regisseur David O. Russell hingegen zelebriert große Zärtlichkeit für seine Figuren. Am Ende mag man sie alle: mit ihren Schwächen, für ihre Schwächen. Und das ist zweifellos eine große Stärke dieses Films. Zu preisen bleiben schließlich noch braune Fliesen, blaue Lockenwickler und die unvergessliche Herren-Miniplie: die 70er-Jahre und Haare. Sie sind hier einfach hervorragend.

KURIER-Wertung:

INFO: "American Hustle". Komödie. USA 2013. 138 Min. Von David O. Russell. Mit Christian Bale, Bradley Cooper

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Legte für "American Hustle" zwanzig Kilogramm zu: Christian Bale
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"Das finstere Tal": Regisseur Andreas Prochaska übersiedelt die Regeln des Westerns in die Tiroler Alpenlandschaft. Ein famoser Tobias Moretti (Mitte) tyrannisiert als Anführer einer brutalen Brüderbande die Einwohner eines abgelegenen Dorfes.
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"Winter's Tale": Filmromanze mit fliegenden Pferden
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"Madame empfiehlt sich": Catherine Deneuve startet als frustgebeutelte, vom Lover betrogene Wirtin Bettie einen Selbstfindungstrip quer durch Frankreich.

Wenn erst einmal der Winter kommt, ist es zu spät. Dann kann niemand mehr das lichtarme Tiroler Hochtal verlassen. Doch der englischsprachige Fremde, der aus dem Nichts auftaucht, will bleiben. Er zieht bei einer Witwe und ihrer Tochter in die arme Stube und beobachtet von dort aus das Leben von geknechteten Menschen.

Brenner-Bauer heißt der Tyrann, dessen Söhne die Dorfbewohner schikanieren. Wie im klassischen Western tragen die rohen Gesellen schwarze Hüte, trinken Schnaps statt Whiskey und verbreiten Terror. Vor allem unter den Frauen.

Mit sicherer Hand übersiedelt Andreas Prochaska die Spielregeln des Westerns in die mächtige Tiroler Alpenlandschaft. Verschneite Berglandschaften verwandeln sich in tödliche Prärien, in den Beichtstühlen kleiner Dorfkirchen sterben perverse Priester.

Der famose Tobias Moretti als Anführer seiner derben Brüder beherrscht wie ein lüsterner Wolf das angestammte Terrain. Mit glitzerndem Blick fasst er nicht nur die junge Luzi (exzellent: Paula Beer) ins Auge, die bald heiraten wird, sondern auch den Amerikaner. Selten hat das Tirolerische so bedrohlich geklungen wie in Morettis wortkargen Todesdrohungen. Auch die vordergründige Sanftmut des Fremden verwandelt sich in von Rache getriebenen Blutdurst. Baumstämme werden zu tödlichen Pfeilen, Bärenfallen reißen Gesichter herunter, Pfeile bohren sich ins Auge.

Effektvoll wirft Prochaska die Kinomaschine an und feuert Hochspannung aus allen Rohren. Manchmal fast in Überdosis. Ein trommelnder Sound steigert die Dramatik der düsteren Bilder, in Zeitlupe sinken erschossene Männer in den Schnee.

„Das finstere Tal“ ist ein erstklassiger Film – und man fragt sich, warum er auf der Berlinale nicht im Hauptwettbewerb läuft, sondern außer Konkurrenz.

KURIER-Wertung:

INFO: "Das finstere Tal". Thriller. Ö/D 2014. 115 Min. Von Andreas Prochaska. Mit Sam Riley, Tobias Moretti, Paula Beer.

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Tobias Moretti in "Das finstere Tal"

Winter’s Tale

Romanze. Martin Scorsese wollte diesen Fantasy-Bestseller von Mark Helprin unbedingt verfilmen, kaufte die Rechte und gab sie schließlich wieder ab. "Unverfilmbar" lautete sein Befund. Jetzt wurde unter Regiedebütant Akiva Goldsman eine Filmromanze mit fliegenden Pferden daraus. Immerhin mit Colin Farrell. Zu Recht als Valentinstags-Film beworben. Und nur dafür.

KURIER-Wertung:

Madame empfiehlt sich

Komödie. Die Deneuve als prätentiöse Diva, das ist nicht neu. Dass sie auch ziemlich normal und unglamourös sein kann, beweist die ehemalige Belle de jour in diesem Roadmovie à la française, in dem sie ganz auf coole Oma macht. Als frustgebeutelte, vom Lover betrogene Wirtin Bettie startet sie einen Selbstfindungstrip quer durch Frankreich, den widerspenstigen Enkel im Schlepptau. Sehenswert.

KURIER-Wertung:

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