ORF III: Schöber sind "Marktanteile wurscht"
Seit einem halben Jahr ist der Kultur- und Informationskanal ORF III on air – vor zwei Wochen wurde er mit einer ROMY ausgezeichnet. Senderchef Peter Schöber zieht im Interview eine erste Bilanz.
KURIER: Im Februar wurde bekannt, dass ORF III an Budgetknappheit leidet. ORF-General Wrabetz hat eine Aufstockung zugesagt. Ist das Geld schon da? Reicht es?
Peter Schöber: Es gibt eine sehr gute Gesprächsbasis mit dem Eigentümervertreter. Wir wissen jetzt nach den ersten Monaten, was es kostet, dieses Schema gut und halbwegs vernünftig zu befüllen. Jetzt haben wir einmal die Zusage des Generaldirektors, dass nachgebessert wird. Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir die erforderlichen Mittel kriegen.
Wie konnte es nur wenige Monate nach Senderstart zu so einer Situation kommen?
Hätten wir die Kosten angenommen, die Fernsehen normalerweise verursacht, wäre es schwierig geworden. Wir sind ein kleiner Sender mit innovativer Mannschaft und innovativen Lösungen. Aber auch das kostet. Der ORF hat das letzte Mal 1971 einen Sender gestartet, es haben also die Erfahrungswerte gefehlt. Jetzt hat man diese Werte, jetzt kann man das evaluieren.
Reden wir über die Marktanteile. Im ersten Halbjahr lagen sie bei 0,8 Prozent ...
Wir erreichen täglich bis zu 400.000 Zuschauer, aber ganz ehrlich, mir sind die Marktanteile relativ wurscht. Ich finde die Entscheidung des Generaldirektors, keine Tagesquoten auszuweisen, auch gut und richtig. Das führt eine Währung ein, die für uns nicht maßgeblich ist. Bei uns muss die Qualität im Vordergrund stehen. Dass wir intern schauen, wie kann man das interessierte Publikum weiterziehen, gehört natürlich trotzdem dazu.
Wie funktionieren die einzelnen Sendungen?
Was mich erstaunt hat, ist die Zeitgeschichte am Samstag. Da erreichen wir sehr viel Publikum, und ein sehr junges Publikum. Obwohl das zum Teil harte Kost ist, sperrige Themen. "Inside Brüssel" funktioniert erfreulicherweise immer besser. Der Dienstag ist der schwierigste Tag, weil der ORF da den höchstens Eigenproduktionsanteil in ORFeins und ORF 2 hat. Am Montag machen wir oft Themenabende mit anspruchsvollen Dokumentarfilmen. Da gehen wir immer stärker dazu über, kein Voice-over, sondern nur mehr Untertitel einzusetzen. Insgesamt der stärkste Tag ist der Samstag, gefolgt vom Freitag.
Wie alt ist der durchschnittliche ORF III-Seher?
52. Beim vermeintlich so jungen RTL ist er 47. Wir haben einen Stammseheranteil an die 40 Prozent. Und wir haben prozentuell unter allen in Österreich empfangbaren Fernsehsendern den höchsten AB-Schicht-Anteil.
An welchem Sender orientiert sich ORF III inhaltlich?
Die absolute Top-Benchmark ist ARTE. Servus TV dagegen ist für ORF III kein Mitbewerber. Wir bespielen ungefähr 40 Prozent unserer Programmflächen mit Hardcore-Kultur. Bei Servus TV sind das derzeit weniger als sechs Prozent. Servus TV ist eine sehr professionell gemachte Mischung aus Discovery Channel, Heimatfeeling und sehr viel Sport. Aber kein Kultur- und Informationskanal.
Wrabetz hat sich kürzlich gegen das Cross-Promotion-Verbot für ORF III ausgesprochen, das regelt, dass der Sender und seine Inhalte nicht in den anderen ORF-TV-Kanälen beworben werden dürfen. Wie sehen Sie das?
Die Auflage ist absolut schwachsinnig. Auf der einen Seite gibt es einen Gesetzgeber, der den ORF verpflichtet, einen Kultur- und Informationskanal zu machen. Und auf der anderen Seite eine Behörde, die sagt, aber bewerben darf er’s in seinen anderen Programmen nicht. Das ist für mich nicht nachvollziehbar. Wovor fürchtet man sich? Dass wir sagen, wir machen am Samstag einen Schwerpunkt zum Thema Holocaust? Aber es ist schön, wenn man deutschen Kommerzlern dabei behilflich ist, weiterhin viel Geld zu verdienen.
ORF III: Seit 26. Oktober on air
Gründung ORF III ging am 26. Oktober 2011 on air. Der Sender ist in einem Nebentrakt des Wiener ORF -Zentrums untergebracht und kommt mit einem kleinen Team – 20 Vollzeitäquivalente – aus.
Programm Die Tage sind thematisch gegliedert. Am Freitag zeigt ORF III etwa österreichischen Film, am Samstag Zeitgeschichte, am Sonntag Oper.
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