"Opfer": Eine Hommage an die Apokalypse

"Opfer": Eine Hommage an die Apokalypse
Kritik – Philipp Hauß zeigt in der Garage X Tarkowskijs "Opfer". Im 21. Jahrhundert ist seine "Inszenierung" allerdings nicht angekommen.

Im Jahr 1986, knapp zwei Wochen nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl und kaum acht Monate vor seinem Tod, präsentierte der russische Filmregisseur Andrei Tarkowski in Cannes seinen Film "Opfer". Er wurde für seinen apokalyptischen Albtraum mit dem Großen Preis der Jury bedacht.

In der Wiener Garage X nahm sich nun Burgtheaterschauspieler Philipp Hauß als Theaterregisseur des Stoffes an. Seine Nicht-Bearbeitung des Dramas geriet zur Hommage an den sowjetischen Symbolisten.

Hauß reiht sich damit in eine Reihe großer Namen ein. Auch US-Regisseur Steven Soderbergh scheiterte schließlich bei dem Versuch einen besseren "Solaris"-Fim zu drehen als Tarkowski es 1972 schon tat ...

Inhalt des nach einem Szenarium der Brüder und Phantasten Arkadi und Boris Strugatzki auf der schwedischen Insel Gotland entstandenen Films:

Mitten im Nirgendwo feiert der Ex-Schauspieler Alexander Geburtstag. Da passiert die (Atom?-)Katastrophe. Eine Stimme flüstert ihm ein, alles könne so sein, wie zuvor, wenn er mit der Magd Maria Sex habe.

Gesagt, getan

Alexander zündet sein Haus an, wird in die Psychiatrie abgeholt. Und zurück bleibt die Frage, ob alles nur Wahn war.

Hauß Arbeit lässt jede eigene Vision, jede Interpretation vermissen. Er spielt, angesichts aktueller, letztlich vom Menschen herbeigeführter Naturschrecken unverständlich, Tarkowski vom Blatt. Im 21. Jahrhundert ist diese "Inszenierung" nicht angekommen.

Bis auf einen Umstand: Die akustische Umsetzung. Der Abend ist nur über Kopfhörer zu empfangen.

Über diese steuert Hauß Meeresrauschen, Möwenkreischen, Anders Nyquists Tinnitus verursachende Trompetenklänge – und die Stimmen der Schauspieler. Teilweise live, teilweise überlappend als Gedanken der von ihnen dargestellten Figuren. Das ist so neu, dass es Freude macht.

In dieser Versuchsanordnung reüssieren Katharina Behrens in allen Frauenrollen, Markus Heinicke als Alexander, Thomas Reisinger als Postbote Otto, Moritz Vierboom als Arzt Viktor und Paul Leopold Osasda als messiasartiges, stummes "Jungchen". Fazit: Wer den Film nicht kennt, wird am Theaterstück um so mehr Vergnügen haben. Wer den Film kennt, hat nur ein Déjà-vu.

KURIER-Wertung: *** von *****

Kommentare