Die Idee kam von André Heller: Er hatte die Nylund als umjubelte Marschallin in seiner „Rosenkavalier“-Inszenierung an der Staatsoper Unter den Linden in Berlin näher kennengelernt:
„Ich habe mir gedacht, die ist so begabt, die hat alles: eine begnadete Stimme, eine große Schönheit und Wirkungsmacht als Bühnenpersönlichkeit und eine große Weisheit, dass jede Aufgabe sich ihren eigenen Ton und ihre eigene Lösung verdient.“
Schon bei einem Hauskonzert wagte Nyland sich an andere Genres, etwa Chansons wie Jacques Brels „Ne me quitte pas“ und Musicalnummern wie „Send in the Clowns“ aus Stephen Sondheims „A Little Night Music“. „Heller hat mich überzeugt“, sagt Nylund, „dass ich nicht nein sagen konnte. Ich glaube, er hatte ein Gespür dafür, was so in mir herumschlummert. Was ich bei meiner täglichen Arbeit auf der Opernbühne nicht zeigen kann.“
Für den neuen Konzertfilm wurden Lieder der US-amerikanischen Unterhaltungsmusik etwa der 1930er- bis 1960er-Jahre „lange und intensiv geprobt“ in Hellers Klavierzimmer.
Ein ähnliches Projekt mit Jessye Norman sei vor Jahren gescheitert. Ihr fehlte das Verständnis, „dass man Jazz mit einer anderen Stimme singen muss als Verdi und Schönberg. Dass es dabei mehr um den Vortrag, um das Erzählen einer Geschichte geht als Ton für Ton zu singen.“ Denn die Koryphäen des hochtrainierten Kunstgesangs vergessen beim Sidestep ins Entertainment allzu oft, dass das, was sie aus voller Kehle in den schönsten Tönen schmettern, von Cole Porter ist und nicht von Strauss oder Puccini.
Aber Nylund sei intelligent und wisse schon, „dass man zu einer Firmung nicht dasselbe Kleid anzieht wie zu einem Begräbnis“, sagt Heller im KURIER-Gespräch.
Vom intimen Klaviersong über Standards mit Gerald Preinfalk (Saxofon) und Helmut Stippich (Akkordeon) bis zum großen Orchesterlied:
Jede der 13 Song-Preziosen u. a. von Michel Legrand, Cole Porter, Victor Young, George Gershwin, Friedrich Hollaender, Jerome Kern und Kurt Weill wurde individuell eingekleidet. Die nuancierten und abwechslungsreichen Arrangements von Florian Sitzmann und Christof Unterberger nützen kleine Combobesetzungen ebenso wie das große symphonische Klangtheater. Dezent etwa bei Legrands „What Are You Doing the Rest of Your Life?“ und Stephin Merritts „The Book of Love“ mit Orgel-Intro und den Wiener Sängerknaben.
Oder – da ist sie wieder die große Oper – opulent und intensiv bei Weills „September Song“ für das Musical „Knickerbocker Holiday“.
Eine bewusste Entscheidung war auch die Wahl der Bildsprache des Konzertfilms: Statt „beliebiger Farbigkeit“ (Heller) waren die Aufnahmen in Schwarz-Weiß – Regie: Robert Neumüller – eine Referenz an eine längst vergangene Ära der Unterhaltungsmusik. Überhaupt: Fallen Farben weg, bleibt nur noch das, worauf es ankommt: Seele und Style.
„Ich glaube, dass es sich schon auszahlt, eine solche Wahnsinnsstimme zu nützen, damit die einmal Geschichten erzählt“, sagt Heller. „Wenn sie Glück hat, bekommt sie einen Grammy. Wenn sie Pech hat, gibt sie zehn Konzerte im Jahr damit vor einer Handvoll Leuten. Aber ich glaube, sie kann damit sogar in den USA bestehen.“
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