Opernuraufführung "At Jacob’s Well“: Der zerplatzte Traum vom Frieden

Opernuraufführung "At Jacob’s Well“: Der zerplatzte Traum vom Frieden
Diethard Leopold über die neue Oper nach seinem Noh-Theaterstück.

Am 6. Oktober wird im Muth die Oper „At Jacob’s Well“ uraufgeführt: Als Libretto verwendete Tristan Schulze, Mitbegründer des Streichtrios Triology, ein gleichnamiges Noh-Theaterstück von Diethard Leopold, das im September 2019 im Odeon gezeigt worden war.

Das Noh-Theater existiert seit über 600 Jahren, erklärt der pensionierte Psychotherapeut: „Im Prinzip geht es darum, dass der Geist einer längst vergangenen, aber nicht aufgearbeiteten, nicht abgeschlossenen Geschichte auftritt. Wie bei einer Psychotherapie wird zunächst über das Vergangene gesprochen. Und im zweiten Teil wird das Vergangene emotional reinszeniert.“ Das erinnert an eine Familienaufstellung – Leopold pflichtet bei: „Die Person, die in der Familienaufstellung ihr Problem in den Fokus rückt, ist im Noh-Theater die Figur mit der Maske. Ziel ist, dass sich die Person mit der Gesamtsituation befrieden kann. Im Noh-Theater löst sich dann die Figur auf und geht – eine Standard-Formel im Buddhismus – ins ,westliche Paradies’ ein.“

Nahost-Konflikt

Im Zentrum von „At Jacob’s Well“ steht der Konflikt zwischen Palästinensern und Israelis: „Es ging mir nicht primär darum, etwas über den Nahostkonflikt zu schreiben, ich wollte das Noh-Theater aus seiner Nische hervorholen. Generell gibt es einen heilenden Aspekt: Man nimmt als Zuschauer an einem innere Verstrickungen lösenden Geschehen teil.“

Opernuraufführung "At Jacob’s Well“: Der zerplatzte Traum vom Frieden

Der Sohn des Augenarztes Rudolf Leopold setzte bei der Begegnung von Jesus und der Samariterin am Brunnen an: „Dass ein jüdischer Mann mit einer Samariterin, möglicherweise sogar einer Prostituierten, in der Öffentlichkeit sprach: Das war damals ein Skandalon. In meinem Stück treffen zwei Israelis beim Jakobsbrunnen auf eine verhärmte Palästinenserin. Sie erzählt, dass sie hier einst einen jüdischen Weisen getroffen habe, der nicht nur mit ihr gesprochen, sondern auch Wasser erbeten und ihr Wasser angeboten hätte. Diese Frau ist also wie der Geist im Noh-Theater, aber da das Stück in der Gegenwart spielt, glauben die beiden Männer, dass sie eine Verwirrte ist. Im zweiten Teil beschließen sie, auf die Frau zuzugehen, die nun ,in ihrer ursprünglichen Gestalt’ als junge Samariterin wiederkehrt.“

Sein Traum wäre gewesen, wenn das West-Eastern Divan Orchestra von Daniel Barenboim die Oper gespielt hätte. Dies ist ihm nicht gelungen: Die Uraufführung bestreiten der Momentum Vocal Music Chor und das Camerata Aurea Orchester unter der Leitung von Tristan Schulze. In der Regie von Lisa Padouvas wirken u.a. Kanako Hayashi, Yuko Mitani und Adrian Eröd mit. Weitere Termine: 8. und 9. Oktober.

Kommentare