Markus Hinterhäuser, der Intendant der Salzburger Festspiele, hatte bereits vor Jahren, das Potenzial dieser Sängerin erkannt. 2018 übergab er ihr die Marie in Alban Bergs „Wozzeck“, 2019 Richard Strauss’ Salome. Seitdem ist sie für die Klassikwelt ein Star.
Aber was viel bedeutender ist, Grigorian ist eine wahrhaftige Künstlerin. Sie geht auf in ihrem Gesang, offenbart ihre Seele und reißt mit in die verstörende Melancholie Rachmaninows. Dessen Lieder nannte sie einmal Miniatur-Opern. Man musste nicht Russisch sprechen, um bei ihrem Debüt im Goldenen Saal zu verstehen, was sie damit gemeint hat.
„Singe nicht, du Schöne“
Mit der Vertonung von Alexander Puschkins Gedicht „Singe nicht, du Schöne“ zu Beginn lässt sie die beklemmende Situation eines aus der Heimat Vertriebenen spüren. Diese ist hier Georgien, könnte aber auch jedes andere Land sein. „Traum“, in dem jemand im Schlaf die ausgelöschte Familie seines Freundes vor sich sieht, lässt an die aktuellen Kriegsschauplätze denken. Grigorian besingt in fast allen Lieder Schmerz, Sehnsucht und Sinnlichkeit mit einer Innigkeit, die zutiefst rührt.
Mit betörender Anmut lässt sie ihren gleißenden, silberhellen Sopran, wenn es passt, mit einer geringen Dosis Vibrato, in den Höhen erklingen. Sublim überzieht sie die Stimme mit zart-dunklen Schattierungen, feinsinnig nuanciert gestaltet sie jeden Moment mit der idealen, vokalen Färbung. Mit fulminanter Intensität bäumt sich die Stimme zu explosiven Emotionen auf „Wie in alles nahm er von mir“. Atemberaubend, wie sich diese Sängerin etwa in „Dissonanzen“ ganz der Sinnlichkeit hingibt.
Lukas Geniušas bereitete ihrem Gesang eine komfortable Basis. Seine Virtuosität spielte er jedoch nur in den Klavier-Solostücken mit Mussorgkys „Hopak“ und Rimskij-Korsakows subtil intonierten „Hummelflug“ und zwei Rachmaninow- Präludien aus. Gelöst sang Grigorian zwei Lieder als Zugabe und wurde bejubelt.
KURIER-Wertung: 5 Sterne
Kommentare