Puccinis „Butterfly“ in Linz: Diesmal stirbt sie nicht
Ambivalente „Madame Butterfly“ am Landestheater.
10.12.24, 14:46
Von Helmut Christian Mayer
Nüchtern, schmucklos, kalt, leegeräumt ist die Bühne mit weißen Wänden und weißer Decke. Keine Spur von japanischem Exotismus oder asiatischer Ornamentik (Bühne: Sabine Mader). Die Kostüme wirken westlich aus den 20-er Jahren in den Farben, Weiß, Schwarz und Rot (Julia Burkhart). Videos zeigen Meereswellen, beim Liebesduett blitzen grell leuchtende, riesige Quallen auf, später beim Zwischenspiel finden Fuß- und Handwaschungen statt und zum Finale blitzen ganz kurz Frauengesichter auf: So präsentiert sich Giacomo Puccini „Madame Butterfly“ am Linzer Landestheater.
Im zweiten Akt sind auf der Bühne verstreut Kindermöbel zu sehen, Kartons und zahlreiche Bürolampen, deren Sinnhaftigkeit sich nicht erschließt. Das Kind ist seit der Geburt vor drei Jahren schon ein großer trotziger, pubertierender, langhaariger Teenager geworden, und das obwohl seine Mutter zur Heirat erst 15 Jahre alt war.
Ab dem 2. Akt sitzt er omnipräsent meist auf einer Matratze mit Kopfhörern oder zieht sich die Kapuze über den Kopf. Und den Selbstmord seiner Mutter verhindert er, indem er ihr das Messer entreißt. Denn in Linz darf Butterfly offensichtlich nicht sterben. Das sind nur einige der seltsamen Einfälle der Regisseurin Isabel Ostermann.
Leider dämpft dieses minimalistische Ambiente auch die szenischen Emotionen. Wenn da nicht das Sängerensemble wäre: Das Publikum tief zu berühren weiß Joanna Zawartko. In einer weiten Gefühlspalette vermag sie als Cio-Cio-San Innigkeit, Naivität, Freude wie auch Verzweiflung intensiv und höhensicher auszudrücken. Carlos Gardoso ist ein leichtfertig mit den Gefühlen spielender und sehr lässiger Pinkerton in Sportbekleidung. Er singt ihn mit nuancenreichem Tenor und mühelosen Höhen.
Adam Kim ist ein kerniger, in der Tiefe etwas knorriger Konsul Sharpless, der allerdings optisch ziemlich verschlammt und zerknittert herumlaufen muss. Angela Simkin ist eine auch darstellerisch sehr berührende, samtig klingende Suzuki, Christian Drescher ein schmieriger Goro. Auch die vielen kleine Rollen sind gut besetzt, der Chor des Hauses singt tadellos.
Besonders großen Anteil am musikalischen Erfolg hat auch das Bruckner Orchester Linz unter Patrick Lange. Da strömen hohe Leidenschaft, feinste Töne aber auch mitreißende dramatische Ausbrüche und ein vielfältiger Farbenreichtum sowie Transparenz aus dem Graben.
Viel Applaus und etliche Buhs für die Inszenierung!
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