Fosse als Vorlage
Auch hier verwendet Eötvös die Vorlage eines zeitgenössischen Schriftstellers. Es ist die erste Novelle „Sleepless“ aus der „Trilogie“ des norwegischen Nobelpreisträgers Jon Fosse. Daraus hat Mari Mezei ein Libretto mit kluger Szenenfolge destilliert. Fosses Sprache wird vereinfacht, wiederholt und betont so die Rohheit der Handlung.
Regisseur Philipp M. Krenn verortet die Parabel mit präziser Personenführung im Berlin der 1980er-Jahre, am legendären Bahnhof Zoo, wo in schmutziger Kulisse (Bühne: Heike Vollmer) kaputte Typen in Kleidung dieser Zeit zu sehen sind (Kostüm: Regine Standfuss). Norwegen und das omnipräsente Meer kommen nur auf einem riesigen Werbeplakat oder in Videos vor. Am Ende sitzen Asle und Alida wie am Anfang am Boden. War alles nur ein Traum?
Für jede der Szenen hat Eötvös einen der 12 Grundtöne der Oktav als harmonisches Zentrum fixiert. Seine persönlichkeitsstarke Tonsprache wird von meist übereinandergeschichteten Dreiklängen dominiert.
Reiche Klangpalette
Dazu erklingen ein fein gewirktes Streichergespinst und eine reiche und variable, klangfarbliche Palette diverser Instrumente. Das Klangpanorama hat soghafte, erzählerische Kraft. Zudem kommentiert ein Doppelvokaltrio, schwebend im Klang, Alidas Gedankenwelt. Diese vielfältige Musik wird von den Grazer Philharmonikern unter Vassilis Christopoulos hoch konzentriert und mit faszinierender Ausdrucksdichte umgesetzt.
Eötvös fordert die Interpreten stark: Tetiana Miyus singt die fein geführte Partie der Alida blitzsauber mit einem wunderbaren, innigen Schlussmonolog. Mario Lerchenberger ist der zornige, junge, zwiespältige Asle mit strahlenden Spitzentönen. Ohne Tadel singen auch die kleinen Partien, wie Daeho Kim (Mann und Asleik), Mareike Jankowski (Mutter), Iris Vermillion (Alte Frau), Anna Brull (Hebamme), Tetiana Zhuravel (Prostituierte), die mit Koloraturen in extreme Höhen springt.
Frenetischer Jubel!
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