"Oida geh weida": Voodoo Jürgens mit neuem Album

Voodoo Jürgens erzählt in seinen Liedern seit Jahren von einem Wien, das es so heute nicht mehr gibt; von einer Zeit, wo in den Beisln noch getschickt wurde, die Puffmama ihre Stammkunden noch beim Vornamen kannte, beim Wirten nicht nur viel Wein gesoffen, sondern auch Geld verspielt wurde; von einer Stadt, die nicht nur sehr grau, unfreundlich, sondern auch grindig war. Okay, unfreundlich sind die Wiener ja heute immer noch, zumindest sagt das so ein Expats-Ranking. Aber grindig? Verrucht? Nur noch vereinzelt. Denn in den Brandinesern und Bauchstichhütten von damals gibt es heute statt Jazzfrühstück (Tschick, Espresso und Magenbitter) Roggensauerteig-Brot, Bio-Ei und Café Latte mit Hafermilch. Das kann man jetzt schlecht oder gut finden, klar ist aber: Die Zeiten haben sich geändert.
„Handtaschlziaga“
Wer diesem Wien vor der Jahrtausendwende nachtrauert, kann sich mit der Musik von Voodoo Jürgens trösten. Der als David Öllerer in Tulln an der Donau geborene Liedermacher lässt in seinen Songs nämlich den „echten Wiener“, den Mundl (Karl Merkatz, selig!) auferstehen. Nachzuhören ist das u. a. auf seinen ersten beiden Alben „Ansa Woar“ (2016) sowie auf „’S klane Glücksspiel“ (2019). Auch auf seinem neuen und dritten Werk „Wie die Nocht noch jung wor“ unternimmt der Singer-Songwriter wieder Ausflüge ins „alte Wien“, besingt leichte Damen in „Stöckelschuach“ oder „Handtaschlziaga“: „Oida geh weida!“. Die Ideen zu den Songs findet er unter anderem beim Spazierengehen. Er schnappt dabei Gesprächsfetzen auf, beobachtet, fährt die Sensoren aus und inhaliert die Umgebung. „Das Schreiben der Songs ist ein ständiger Begleiter“, sagt Voodoo Jürgens im Gespräch.
„Im Optimalfall geht das in einem Schwung: Wenn es nicht fließt, das Lied mir nicht leicht von der Hand geht, verwerfe ich es oft wieder. ,Federkleid’ habe ich zum Beispiel innerhalb einer halben Stunde geschrieben“, so der 39-Jährige. In dieser wunderschönen wie traurigen Nummer geht es um die Vergänglichkeit. „Es ist einfach mal so, dass man irgendwann stirbt. Ich finde, dass darüber eh viel zu wenig gesprochen und gesungen wird. Klar ist es kein angenehmes Thema, aber auch das Unangenehme muss angesprochen werden. Ich finde den Song aber auch gar nicht so traurig. Es geht um ein Paar, das gemeinsam alt geworden ist und das Leben Revue passieren lässt. Für mich eine schöne Geschichte: Was bleibt, ist die Liebe“, sagt er. Das dazugehörige Video ist sehenswert, cineastisch anspruchsvoll. Wer die Arbeiten von Voodoo Jürgens kennt, weiß, dass ihm das Bewegtbild wichtig ist.
„Rickerl"
Kürzlich hat er auch seinen ersten Film abgedreht. Basierend auf seiner ersten Platte „Ansa Woar“ hat er mit dem österreichischen Regisseur Adrian Goiginger („Die beste aller Welten“) zusammengearbeitet. Arbeitstitel: „Rickerl“. Voodoo Jürgens spielt darin die Hauptrolle, den gleichnamigen Musiker, der eine Beziehung zu seinem kleinen Sohn aufbauen will. „Es war eine großartige Erfahrung, aber auch eine anstrengende und intensive Zeit. Ich war an allen Drehtagen dabei. Das hat mich gefordert. Aber ich wollte das unbedingt machen.“ Der Film soll im Herbst 2023 in die Kinos kommen.
Zurück zur Musik, zu „Wie die Nocht noch jung wor“. Eingespielt hat Voodoo Jürgens die zwölf neuen Songs erneut mit seiner fünfköpfigen Begleitband, der Ansa Panier. Gelungen ist ihnen ein gefälliger wie abwechslungsreicher Soundmix aus Wiener Lied, Balkan-Folklore, Totengräberballade, der an Willi Resetarits (selig!), Ludwig Hirsch (selig!) und Tom Waits erinnert.

Voodoo Jürgens hat zwar ein Blech in der Hand, aber er ist kein Spengler, sondern Musiker
INFOS und TERMINE: Voodoo Jürgens ist die Kunstfigur des Liedermachers David Öllerer. In seinen Songs treffen sich Strizzis und „Verlierer“ der Leistungsgesellschaft im Beisl zum Vormittagsachterl. „Wie die Nocht noch jung wor“ ist seine dritte Platte mit seiner Band, der Ansa Panier. In Österreich derzeit live unterwegs. Termine finden Sie unter www.voodoojuergens.com
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