Trauer um Heinz Nußbaumer: Ein großer Versöhner und Brückenbauer
Der Fundus, aus dem er schöpfte, war schier unermesslich. Kaum ein Krisenherd der Welt, den er nicht bereist hatte, kaum einer der Großen und Mächtigen der letzten Jahrzehnte, den er nicht interviewt hatte: Die berufliche Biografie Heinz Nußbaumers spiegelt die geopolitischen Ereignisse gut zweier Jahrzehnte wider. Am Wochenende ist die Journalistenlegende im Alter von 82 Jahren im Kreise seiner Familie verstorben.
„Zitternd packe ich“
1966 holte der damalige KURIER-Chefredakteur Hugo Portisch den jungen Salzburger Journalisten an Bord. Zuvor war Nußbaumer, 1943 im bayerischen Bad Reichenhall geboren, Pressereferent des späteren Bundeskanzlers Josef Klaus und Redakteur bei der Salzburger Volkszeitung. Einer seiner ersten Einsätze für den KURIER: Portisch schickte den 24-Jährigen im Mai 1967 nach Israel, wo sich eine bewaffnete Konfrontation zusammenbraute: der Sechstagekrieg (5.–10. Juni). „Zitternd packe ich. Weltbürger Portisch beruhigt mich: ‚Keine Angst: Ich habe Leonard Marks verständigt. Sollte es ernst werden – die 6. US-Flotte holt Sie heraus!‘“, erinnerte sich Nußbaumer 50 Jahre später.
1971 avancierte er zum Ressortleiter – und blieb es bis 1989. Den KURIER verließ er, als er, wie er 2018 in dieser Zeitung schrieb, zur Einsicht gekommen war, „dass ich zwar den richtigen Beruf, aber dazu den falschen Körper hatte“. Nußbaumer hatte seit Jugendtagen immer wieder mit seiner Gesundheit gekämpft, zusätzlich hatten ihm die vielen Reisen in Kriegs- und Krisengebiete mit prekären hygienischen Bedingungen zugesetzt.
Nußbaumer wechselte in die Hofburg, wo Kurt Waldheim – den er natürlich längst aus dessen Zeit als UNO-Generalsekretär kannte – als Bundespräsident amtierte. Keine leichte Aufgabe, gewiss. Und eine, in der Nußbaumer seine überreiche internationale Erfahrung zugutekam. Am Beispiel der Person Waldheim wird auch eine ganz wesentliche Charaktereigenschaft des Menschen Heinz Nußbaumer sichtbar: Der massiven nationalen wie internationalen Kritik zum Trotz hielt Nußbaumer weit über die berufliche Zusammenarbeit in unerschütterlicher Loyalität an Waldheim fest und verteidigte ihn gegen alle Anfeindungen.
Von Waldheim zu Klestil
Danach stand Nußbaumer noch Waldheims Nachfolger in der Hofburg, Thomas Klestil, als Pressesprecher zur Verfügung – auch dies, wenngleich aus völlig anderen Gründen, durchaus herausfordernd.
Von 2003 bis 2023 übernahm Heinz Nußbaumer (gemeinsam mit dem Investkredit-Chef Wilfried Stadler) die Herausgeberschaft der katholischen Wochenzeitung Die Furche. Der katholische Publizist, zu dessen „Lebensmenschen“ neben Portisch Kardinal Franz König zählte, war auch zeitlebens ein gesuchter Gesprächspartner von hochrangigen Vertretern der Kirchen und Glaubensgemeinschaften. Daneben betätigte er sich noch als Buchautor: So wurde etwa sein „Der Mönch in mir“ über seine zweite Heimat, den Berg Athos, ein Megabestseller, in unzählige Sprachen übersetzt. Dialog und Verständigung gerade auch im Bereich der Kirchen und Religionen trieben den Rastlosen bis zuletzt um.
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