NS-Vergangenheit: Debatte um Aufarbeitung
Der grüne Abgeordnete Harald Walser attackierte am Mittwoch via Ö 1 und in einem Gastkommentar in der Presse den Vorstand der Wiener Philharmoniker, Clemens Hellsberg. Dieser verschweige Unangenehmes und gebe Fakten falsch wider.
Walser nennt als Beispiel, dass der ehemalige Wiener Gauleiter Baldur von Schirach nach seiner Entlassung aus dem Kriegsverbrechergefängnis noch 1966 ein Duplikat des Ehrenringes des Orchesters bekommen habe, der ihm 1942 verliehen worden war. Diese Episode fehle in Hellsbergs Buch über die Wiener Philharmoniker. Der ehemalige Wiener Operndirektor Ioan Holender schloss sich im Ö 1-Mittagsjournal der Kritik an und meinte, es wäre nun auch die Politik am Zug.
Die Reaktion
Hellsbergs kurze Reaktion auf die Vorwürfe: Im Archiv des Orchesters gebe es dazu „nichts, was mir bekannt ist“. Das könne höchstens eine Einzelaktivität gewesen sein, die nicht für die Wiener Philharmoniker stehe. „Wenn es ein Protokoll eines Beschlusses geben sollte, würde ich nicht zögern, das aufzudecken.“ Eine Historikerkommission zur Aufarbeitung des Archivs zu beauftragen, komme für ihn nicht in Frage. „Es kann jeder Wissenschaftler kommen und sich das anschauen. Niemand wird da behindert.“
Das Buch
Zur Kritik an Hellsbergs Buch „Die Demokratie der Könige“ sagt der Historiker Oliver Rathkolb: „Als das Buch 1992 erschien, entsprach es dem Stand der damaligen Wissenschaft.“ Hellsberg: „Ich begrüße es, dass die Forschung seither weitere Fortschritte gemacht hat und werde sie weiterhin nach Kräften fördern.“ Hellsberg erhielt zuletzt die Friedrich-Torberg-Medaille der Israelitischen Kultusgemeinde für die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit des Orchesters.
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