Nova Rock: Ein Sumpf voller Würstchen

NOVA ROCK 2023: KONZERT - BESUCHER
Das seit Mittwoch im Burgenland stattfindende Festival hat neben Ringelspiel, Tagada und einer einzigartigen Gatsch-Landschaft auch Musik zu bieten, die zu 95 Prozent von Männern dargeboten wird.

Die Welt dreht sich seit der Pandemie anders als zuvor. Überall sind Umbrüche erkennbar, eine Krise jagt die andere, alles ist kompliziert – und viele kommen dabei nicht mehr mit. Aber es gibt sie noch, jene Orte, an denen immer alles einfach ist, eben  so, wie es immer schon war, das Bier hektoliterweise aus  dem Zapfhahn fließt, der Mann noch ein „richtiger“ Mann sein darf und einem Bands vorgesetzt werden, mit denen man sich nicht  viel  beschäftigen muss: Hauptsache, die Gitarren knallen ordentlich in die Birne. 

So ein Ort des (sich) Vergessens ist das rund 360 Tage im Jahr beschauliche Nickelsdorf im tiefsten Osten des Landes, wo seit Jahren das Nova Rock Festival ausgetragen wird. Wie  im Vorjahr  haben heuer die  starken Regenfälle der vergangenen Tage die burgenländische Steppe in eine Sumpflandschaft verwandelt. Wo Wasser auf viel Erde und wenig Wiese trifft, ist der Gatsch nicht weit. Das führte schon am ersten Tag dazu, dass das Festivalgelände ein einziges Schlammfeld war. Aber so etwas  kann einen gestandenen Nova-Rocker nicht umhauen.

NOVA ROCK 2023: KONZERT - FEVER 333

Fever 333

Stabile Seitenlage

Umhauen können einem da schon eher die Bierpreise: 6,50 Euro für ein Krügerl. Aber es gibt ja auch einen Campingplatz, wo man sich das mitgebrachte  Dosenbier und  Wodka vom Diskonter reinpfeift. Dessen Wirkung zwingt manchen  Festivalgast schon am Nachmittag in die Knie – und  ab in die stabile Seitenlage: Wer Glück hat, landet auf einer der wenigen  Rindenmulch-Inseln. Wenn man sich dort mal etwas länger ausrasten muss, ist das auch kein Problem, denn viel verpasst man ohnehin nicht: Der Großteil der Bands, die das diesjährige Line up ausweist, sind Dauerbrenner in der sehr eintönigen Festivallandschaft. 

So agierten am Mittwoch Slipknot bereits zum dritten Mal als Headliner auf den Pannonia Fields. Die Band aus Moines (Iowa) ist aber auch stets eine Bank, wenn es um harte Riffs und leichte Unterhaltung geht. Songs wie „The Heretic Anthem“ oder „The Blister Exists“ wurden live temporeicher als auf Platte dargeboten. Der stimmlich angeschlagene  Corey Taylor gab die Hymne „Unsainted“, das wütende „Liberate“ und den Klassiker „Before I Forget“ zum Besten. Dazu gab es die obligatorische Pyro-Bühnenshow. Die hat der Keyboarder der Band, Craig Jones, nicht mehr miterlebt: Er saß wohl in einem Hotelzimmer  oder schon im Flugzeug in Richtung Heimat – die Band trennte  sich nämlich   vor dem Auftritt in Nickelsdorf von ihrem langjährigen Mitglied.

Nova Rock: Ein Sumpf voller Würstchen

Kaum Frauen

Ansonsten verlief, was die Musik betrifft, der erste und zweite Tag am  Nova Rock relativ überschaubar. Man sah ein paar durchschnittliche Metal-Bands – vorrangig aus Nordamerika: Lorna Shore aus New Jersey klangen in etwa so, also würde man einem Fleischhauer beim Sau-Abstechen zuhören. Schonkost lieferten hingegen Asking Alexandria: Metal für Veganer. Disturbed aus Chicago schlugen einerseits entschlossen auf den Gitarren herum, andererseits wurde es hymnisch, fast schon gefühlvoll. Bei der Coverversion des Simon & Garfunkel-Klassikers „The Sound of Silence“ wurde ein Klavier auf die Bühne geschoben, dass der Gitarrist Dan Donegan behäbig bespielte. 

Mit Sharon den Adel von der niederländischen Band Within Temptation stand am  Mittwoch  die erste und auch letzte  Leadsängerin auf einer der drei Nova Rock-Bühnen: Eine Frau unter gefühlt 100 Männern. Wahnsinn. Auch im restlichen Line up muss man das weibliche Geschlecht mit der Lupe suchen. Die Ausrede,  dass es sich dabei um ein Rock- und Metalfestival handelt, und es da ja kaum Frauen gibt, gilt nicht, denn  es finden sich  auch  zahlreiche Rap- und Pop-Acts im Programm. Auch dort gilt:  Eine reine Würstchenparty. Am Donnerstag waren etwa Tenacious D und The Prodigy die Headliner.  

Rammstein waren gefühlt auch zu Gast am Festival: Man sah unzählige Besucher in Band-T-Shirts und wurde auch Ohrenzeuge von Gesprächen zum aktuellen Thema „Vorwürfe gegenüber Frontmann Lindemann“. Die  Meinungsvielfalt reichte dabei von „Jo mei“, „Selber Schuld“ über „Das machen  doch  andere   Musiker  auch“. Es gibt also noch einiges  zu tun.  

Nova Rock: Ein Sumpf voller Würstchen

Die Punkrock-Band Sum 41 sorgte am Donnerstag für gute Stimmung.

Das weitere Programm

Freitag: Die Wiener Band Bilderbuch wird neben dem deutschen Pop-Rapper Casper als Headliner aufspielen. Dazu liefern Wolfmother Blues-Rock und Amon Amarth schwedische Unterkühltheit. Mit  Scooter steht am Ende des  Tages noch „Happy Hardcore“ am Programm.

Samstag: Neben Die Ärzte (sie spielen übrigens auch beim diesjährigen Frequency Festival in St. Pölten) agieren zum Abschluss u. a.  Incubus und  Josh. sowie die finnische Symphonic-Metal-Band Nightwish. Mehr Infos zum Festival finden Sie hier.

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