Es herrscht also wieder Rockkirtag im Burgenland, und sie sind alle wieder da: Die wie immer friedlichen Rockfans versammeln sich zum mobilen Freilichtmuseum der Tätowiertrends der letzten 25 Jahre, es gibt die lustig Gekleideten (Ganzkörpereinhörner!) und die, die schon am Donnerstagnachmittag ihre cashless erstandene Nudelbox anschauen wie einen schwierigen Endgegner, der immer entkommt, wenn man mit der Gabel zustechen will, weil: das Ding dreht sich so wie der Rest der Welt.
Obwohl sich am heuer dankenswerter Weise nicht Schlammplanet spielenden Festivalgelände auch alle anderen bewegen wie die Illuminierten. Man stapft immer ein wenig unsicher über den welligen Acker, wie das halt so ist, wenn sich die Städter in die Natur wagen. Natürlich begleitet vom eigenen Vebrennermotorgefährt, das draußen wohlgeordnet zwischen den Windkraftwerken wartet, obwohl beide nichts miteinander zu tun haben wollen.
Apropos Ordnung: Das Nova Rock glänzt schon seit vielen Jahren mit perfekter Organisation, von Anreisestau keine Spur, und auch am Gelände selbst klappt alles wie am Schnürchen. So sehr, dass sich das Publikumsspektrum im Vergleich zu den Anfängen deutlich erweitert hat: Längst ist das alles ein familientaugliches Event mit dezidiertem Dorffestcharakter; Väter erklären ihren Söhnen die Finessen des brüllenden Gitarrensounds; Mütter bejubeln derweil mitsamt der Tochter die auf durchtätowierte Weise glamourösen Typen von Palaye Royale oder Hollywoodstar Keanu Reeves, der am Nachmittag mit seiner Band Dogstar auftrat und hinter seiner Bassgitarre so verloren aussieht wie wir alle im Leben.
Insofern wirkte Perry Farrell, Frontmann von Jane's Addiction, beim ersten Österreich-Auftritt seiner Band seit 30 Jahren ein wenig in der Zeit verloren, als er dem Publikum versicherte, dass es recht habe, wenn es meint, dass die Eltern nichts kapieren: Der Altersschnitt ist längst näher an Farrell (65) als an jenen Teenagern, die Farrell hier anzusprechen glaubte.
Man sitzt, wenn es musikalische gerade einmal nicht so spannend ist, gemeinsam unter dem großen Burgenland-Zelt, wo sich die Region mit Wein und Fleisch und Schmalzbrot präsentiert.
Ach ja, die Musik!
Eine Erkenntnis des Auftakttages: Blutsaugende, außerirdische Zombies haben es auch nicht leicht. Die österreichische Band mit dem auch ganz ohne Bier schon schwierigen Namen Bloodsucking Zombies From Outer Space war so freundlich, für den plötzlich entfallenen Auftritt von Slipknot-Sänger Corey Taylor einzuspringen. Im Hauptabendprogramm-Slot auf der roten Bühne war man dann aber natürlich in der Defensive: Fast alle strömten hinüber zu Billy Talent, wo das erste Mal soetwas wie Headliner-Charakter entstand.
Die Zombies sangen in die Wiese hinein, dass ihr Outfit kein Halloween-Kostüm sei. Das ist natürlich alles ein wenig parodistisch, und das ist auch die Grenze, die im Grenzgebiet zu Ungarn manchmal schwer zu ziehen ist: Ob manche Sachen lustig gemeint oder schlicht lustig sind, muss man von Mal zu Mal selbst entscheiden. Green Day ließen aus einem aufblasbaren Flugzeug "Bomben" aufs Publikum fallen, nun ja, Gloryhammer-Sänger Sozos Michael schwang laut APA derweil auf der anderen Bühnen einen überdimensionalen Hammer, dem er einen grünen Oger entrissen hatte.
Auch da hilft vielleicht ein Bier. Am Abend dann, als es dunkel wurde und man auch auf die blaue Bühne, hinter der die Sonne zäh lang brauchte, um unterzugehen, nicht mehr mit zusammengekniffenen Augen schauen musste, fingen ein paar Einhörner zu leuchten an und auch hinten beim Cordon-Bleu-Dealer spuckten Türme ein bisschen Feuerwerk aus. Das schaut vom Ringelspiel aus sicher schön aus, denkt man.
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