Nietzsche denkt beim Rendezvous immer mit

schriftsteller alexander peer, honorarfrei
Bis dass der Tod uns meidet. Besser ohne Wein.

Die neue Freundin, Rebecca, ist Amerikanerin und zurzeit in Wien. Franz Müller sucht lange nach den richtigen Berührungen.

Schönes Gefühl, dass der eigene Panzer doch noch aufgebrochen werden kann. Man ist ja kein Kind mehr, sondern um die 40.

Und dann redet Rebecca von ihren Ex-Männern, drogensüchtig der eine, Selbstmord und was weiß ich, von den Abtreibungen redet sie ...

Außerdem – man kennt einander erst seit wenigen Wochen – besteht sie darauf, ein Baby zu kriegen; und verheiratet ist sie auch.

Das ist die Ausgangsposition in Alexander Peers „Bis dass der Tod uns meidet“. Ein nicht gerade neuer Zündstoff, aber es gibt Stellen, unspektakulär, so nebenbei, die gefallen und ersparen viele Worte bzw. ganze Bücher – wie:

„Ich sah ihr nach und dachte: „Tja.“

Zwei Sprachen

Ist aber nicht so wichtig, denn es ist nur der Hintergrund. Vor allem geht es um Nietzsche. Franz Müller denkt nämlich ständig an Nietzsche, während er mit Rebecca spazieren geht, im Wirtshaus sitzt, im Bett liegt (dort etwas seltener).

Über ihn hat er einst eine Diplomarbeit geschrieben. Jetzt packt er ihn wieder aus, um mit ihm gemeinsam über die Liebe nachzudenken.

Alexander Peer – ein Salzburger, der in Wien lebt und von dem zuletzt die Geschichte von den Spaniern im Aztekenreich veröffentlicht wurde („Land unter ihnen“) – empfiehlt bei seinem neuen Roman:

Man möge während des Lesens ein gutes Glas Rotwein trinken.

Das klappt nicht.

Erstens verschüttet man ihn, weil höchst eigenwillig (und reizvoll, das muss man sagen) zwei Sprachen gemischt werden. Die eine geht so: „Ist das die Lösung: Bumsen statt beten?“

Die andere kümmert sich um die „Formalisierung als Mittel der Didaktisierung“.

Nietzsche denkt beim Rendezvous immer mit
Zweitens soll man nicht so tun, als sei man multitaskingfähig. Man schafft es ohnehin nicht. Der Rotwein gewinnt den Kampf um Aufmerksamkeit.

Das Buch ist nur lohnend, wenn man sich ihm ganz und gar hingibt. Am Schreibtisch, mit aufgestützten Armen. Hier wird Nietzsche lustvoll entdeckt und gebraucht und verändert, in ihm sucht sich Franz Müller – und weiß sehr wohl, dass der Philosoph selbst gescheitert und unbefriedigt war.

Ist Rebecca fort, könnte man zur eigenen Philosophie und Sprache finden – etwa: „Geist wächst nicht auf trockenem Boden, sondern aus dicken Hoden.“

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