Niemand wird die schmutzige Seele putzen
Als John Williams "Stoner" schrieb, den perfekten Roman, der ihn weltberühmt machte – allerdings erst 20 Jahre nach Williams’ Tod –, da war seine Philosophie längst: Na gut, hab’ ich halt wieder ein Buch geschrieben, aber wenn ich Installateur geworden wäre – auch egal ...
Bei seinem Debüt, das nun übersetzt wurde (damit sind alle Prosawerke vom deutschen Verlag "erledigt" worden – leider), war Williams noch enthusiastisch.
Ekel
Anfang 20 war er, bei der Air Force war er, Funker, über Burma wurde das Aufklärungsflugzeug abgeschossen – fünf Kameraden tot, nur er und der Pilot überlebten.
Im Dschungel begann er, "Nichts als die Nacht" zu schreiben.
Ein Gefühl beschrieb er, allein aus äußeren Handlungen im Leben des jungen Anthony Maxley beschrieb Williams dessen Seelenzustand (der zum Teil auch jener des Autors war):
Ekel über die Welt und über sich selbst. Maxleys Mutter hatte auf den Vater geschossen und sich selbst erschossen. Er kommt nicht zur Ruhe, er läuft fiebernd durch die Novelle, außer am Anfang, da wacht er nach einer alkoholischen Nacht auf und blickt in seine Wohnung. Ein umgekippter voller Aschenbecher, gebrauchte Taschentücher auf dem Teppich ... Maxley denkt: Hier sieht es aus wie in meiner Seele, unordentlich und schmutzig.
Die Putzfrau wird gleich kommen.
Er denkt: Meine Seele, die kann sie nicht putzen. Wer könnte das schon, die Seele sauber machen?
Kraft
Ein Misserfolg war’s 1948. Ein vergessenes Buch. John Williams schlug deshalb die Hochschullehrerlaufbahn ein (Englische Literatur an der University of Denver).
Kann sein, dass man heute seinen"Helden" nicht interessant, nicht nah genug findet. Kann sein, dass dessen Art, mit dem Erlebten umzugehen, schwer nachvollziehbar ist.
Aber John Williams frühe Kraft wird man stark zu spüren bekommen. Man fällt nicht in einen Rausch wie bei "Stoner" und "Butcher’s Crossing" und "Augustus". Aber man staunt ... nämlich darüber, dass man diesen Schriftsteller jemals hat übersehen können.
John Williams:
„Nichts als die Nacht“
Übersetzt von
Bernhard Robben.
dtv.
160 Seiten.
18,50 Euro.
KURIER-Wertung: ****
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