„San Quentin“ ist einer der Schlüsselsongs, den das Quartett für dieses zehnte Album geschrieben hat, ein Album, bei dem das Songschreiben wegen der Pandemie noch viel stärker von Chad Kroeger übernommen werden musste als sonst. „Chad hat immer die Ideen für die Songs, eine Grundstruktur, die wir dann gemeinsam ausarbeiten“, sagt Mike. „Aber ich lebe in Los Angeles und die anderen sind immer noch in Kanada. Wenn ich damals für eine Woche zu ihnen hätte fahren wollen, um gemeinsam mit ihnen an den Songs zu arbeiten, hätte ich davor und danach für je eine Woche in Quarantäne gehen müssen. Das hätte keinen Sinn gemacht.“
Höhen und Tiefen
Seit Gründung der Band 1995 in der Kleinstadt Hanna in der kanadischen Provinz Alberta haben Chad, Mike und Gitarrist Ryan Peake viele Karrierehochs und -tiefs miteinander durchlebt. Den steinigen Weg zum Durchbruch mit dem Welthit „This Is How You Remind Me“ von 2001 genauso wie den Backlash danach.
Mike führt das lange Bestehen von Nickelback auf den Familienzusammenhalt zurück. „Es hat auch Nachteile, wenn man mit dem Bruder in einer Band ist, weil man Meinungsverschiedenheiten, die man ohne Band nicht hätte, ins Privatleben mitnimmt. Aber gleichzeitig ist das ein riesiger Vorteil. Denn wenn es um Familie geht – und da zähle ich Ryan dazu, weil wir mit ihm seit der Grundschule befreundet sind – gibst du nicht so schnell auf. Ich war in vielen Bands mit Typen, die ich davor nicht kannte, da sagst du bei der ersten Schwierigkeit leicht und schnell: ‚Ich steige aus.‘“
Der Weg ins Musikbusiness war für die Kroeger-Brüder vorgezeichnet. Die Großeltern spielten in einer Big Band, die Oma Schlagzeug, der Opa Bass. „Und unsere Mutter war Tanzlehrerin und hörte dauernd Musik. Dann begannen wir, Hard Rock zu lieben und in die großen Städte zu fahren, um Bands wie Cult, Anthrax oder Guns ’N’ Roses zu sehen. Nach der ‚And Justice For All‘-Show von Metallica in Calgary haben wir uns Instrumente gekauft. Chad war 13, ich 15. Wir hatten die Typen auf der Bühne gesehen und begriffen: Die sind nicht durch Zauberei auf diese Bühne gekommen, sondern durch Zielstrebigkeit und harte Arbeit, das können wir auch.“
Auf den Stopp in Österreich freut sich Mike besonders, denn mit Salzburg verbindet ihn seine liebste Erinnerung an längst vergangene Zeiten, nämlich an den Tag, als er und Ryan Peake Karten für ein Konzert der Festspiele bekommen hatten. „Man möchte es nicht glauben, aber wir lieben auch klassische Musik. Wir hatten damals aber keine Ahnung, wie formell das ist, nur Jeans, T-Shirts und Cowboy-Boots dabei. Also mussten wir und noch schnell Anzüge kaufen, um dem Dresscode zu entsprechen. Mit unseren langen Haaren haben wir darin aber total verkleidet ausgesehen, und in der Sekunde, als wir das Foyer betraten, verstummte alles. Jeder starrte uns an. Wir wussten auch nicht, wie man sich während so eines Konzertes zu benehmen hat, dass man sich nicht bewegen soll. Ich schwöre, der neben mir hätte mich am liebsten umgebracht, weil ich einmal meine Beine übereinandergeschlagen habe. Und dann hatten wir rustikalen, jungen Kanadier in unseren Sakkos auch noch Bierdosen versteckt, die wir in der Pause in einem Eck geknackt haben. Die Leute um uns herum waren entsetzt.“ Aber das Konzert, sagt Mike, sei grandios gewesen. „Es war die fundamentalste und bewegendste musikalische Erfahrung, die ich je machen durfte.“
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