Neues von Mario Vargas Llosa: Viele Terroristen und noch mehr Speichel
"Die Enthüllung" erinnert stark an Umberto Ecos siebenten und letzten Roman, der von mehreren Kritikern belächelt wurde.
83 war der Italiener, und er schrieb eine ungewohnt einfache Geschichte mit Berlusconi im Mittelpunkt, der mithilfe seiner eigenen Klatschzeitung die Gegner schreckt bzw. erpresst.
Eco erlaubte sich, kindisch zu sein und notierte in "Nullnummer" auch Gedanken darüber, ob sich Umweltverschmutzung auf die Größe der Penisse auswirkt.
Der Peruaner Mario Vargas Llosa, ebenfalls 83 und Literatur-Nobelpreisträger, beginnt seinen 18. Roman mit lesbischem Sex: "Sie wälzten sich hin und her, küssten einander die Brüste ..."
Später gesellt sich ein seliger Mann hinzu, einer der einflussreichsten Unternehmer Perus ... wir kommen gleich zu ihm, denn eigentlich geht’s ihm gar nicht gut, und man sollte ihm den Spaß gönnen.
Jedenfalls wird sehr viel Speichel ausgetauscht, "geschlürft" wird er, wie man immer wieder bei Llosa lesen kann – öfter als Champagner wird er geschlürft.
Das liest sich, man kann’s erraten, superleicht. Aus 22 Häppchen besteht "Die Enthüllung".
Kein Unterschied
Im Zentrum der Handlung:
Der zuerst erwähnte Unternehmer wird erpresst. Vor Jahren ist er bei einer Orgie mit Prostituierten fotografiert worden, nun zeigt ihm der Chefredakteur des Skandalblattes "Enthüllt" in Lima die Bilder und will Geld, damit er sie nicht veröffentlicht.
Es ist wie in Umberto Ecos Roman: Dieser Journalist ist in seinem Genre Gott, und "sein Genre ist Scheiße."
Nein, er bekommt das Geld nicht. Ja, die Fotos werden veröffentlicht. Der böse Chefredakteur – und das überrascht beim Lesen anfangs – wird umgebracht.
Hinter dem Schundblatt steht Vladimiro Montesinos, der Geheimdienstchef Perus zur Zeit der Regierung Alberto Fujimoris (gegen den Vargas Llosa die Präsidentenwahl 1990 verloren hat).
Diktaturen greifen ins Privatleben – man hat einen Thriller vor dem Hintergrundgemälde einer Welt aus Sex, Zynismus, Gewalt, und es ist kaum zu unterscheiden, ob Terrorakte wie Entführungen und Morde von Todesschwadronen der Regierung stammen oder vom "Leuchtenden Pfad".
Am Ende – und das ist ja tatsächlich der Fall – sitzen alle für Jahrzehnte im Gefängnis: Ex-Präsident Fujimori, sein Helfer Montesinos sowie "Leuchtender Pfad"-Chef Abimael Guzmán.
Für den Autor ist das ein Happy End. Stimmt. Für einen Roman von Llosa ist es billig.
Mario Vargas Llosa:
„Die Enthüllung“
Übersetzt von Thomas Brovot.
Suhrkamp Verlag. 301 Seiten. 24,70 Euro.
KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern
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