
Die britischen Elektroniker Hot Chip
© Mathilda Hill Jenkins
Neues von Hot Chip, Machine Head, Rocko Schamoni und Altes von Blondie
Hot Chip sampeln auf „Freakout/Release“ klug und grooven gewohnt funky. Machine Head veröffentlich die Platte, die Metallica nicht mehr zusammenbringen.
Seit über zwanzig Jahren ist die Londoner Band um die beiden Chef-Elektroniker Alexis Taylor und Joe Goddard im Auftrag des guten Geschmacks unterwegs. Hot Chip liefert dabei ständig wunderbare Songs an der Schnittstelle House, Disco und Pop ab. Auch ihr soeben veröffentlichter siebter Longplayer überzeugt mit einem lockeren Spagat zwischen Euphorie und Depression am Dancefloor. In den elf neuen Nummer blicken sie wehmütig zurück, in eine Zeit, als Musik noch ein Zufluchtsort war – und nicht so allgegenwärtig, dass man ihr gar nicht mehr entkommen kann (Stichwort: Dauerbeschallung). Oder, wie es bei Hot Chip heißt: „Music used to be escape, now I can’t escape it.“
Die Zeile stammt aus „Freakout/Release“, dem namengebenden Titelstück des Albums. Im Opener „Down“ präsentieren sich Hot Chip aber erst einmal in funky Disco-Laune. Auf den Synthesizern werden Vintage-Sounds hochgefahren, die Beats pendeln sich allesamt im Midtempo-Bereich ein. Es wird gesampelt („More Than Enough“ von der Universal Togetherness Band), es gibt 90er-Jahre-House- und New Wave-Zitate und über all dem schwebt Alexis Taylors stets ergreifend schöne Kopfstimme.
Weise
Machine Head: Of Kingdom & Crown
Die neue Platte der Metal-Band aus Oakland ist ein Konzeptalbum, was wie so oft nicht weiter von Bedeutung ist. Gleich der erste Song baut sich großartig auf, von düsteren, sparsamen Gitarrenklängen zu milder Raserei und wieder zurück. Was danach kommt, ist ein wenig erwartbar – verdunkelter Metal mit Thrash-Einflüssen – aber immer noch sehr spannend. Unterm Strich ist das genau die Platte, die Metallica nicht mehr zusammenbringen. Live zu erleben im Doppelpack mit Amon Amarth am 17. September in der Wiener Stadthalle.
Guitar
Rocko Schamoni: All ein
Rock Schamonis neues Album ist eine Art Chronik seines Pandemie-Alltags. Verständlich also, dass der deutsche Musiker und Autor (zuletzt erschienen: „Der Jaeger und sein Meister“) mit „All ein“ seine bisher persönlichste Platte abliefert. Wenn nichts passiert, nichts ablenkt, landet man eben irgendwann bei sich selbst. Im Song „Das bin nicht ich“ schaut sich Schamoni in den Spiegel und fragt sein Gegenüber: „Was ist mit uns passiert?“. Seine tragisch-komischen Texte reicht er diesmal mit Krautrock, Disco-Rhythmen und Ambient-Sounds.
Weise
Blondie: Against The Odds 1974–1982
Die Komplettisten unter den Plattensammlern sowie Blondie-Ultras jubeln. Denn die nun veröffentlichte Super-Deluxe-Box beinhaltet Archivaufnahmen der ersten sechs Alben – bis zur schöpferischen Pause 1982. Dann gibt es noch eine Single, eine 10-inch und vier LPs mit Demos, Outtakes, Remixen und den allerersten Sessionaufnahmen der Band von 1974. Fragt sich nur, wann man sich das alles anhören, ansehen und durchlesen soll? Vielleicht im Ruhestand. Also frühestens im Jahr 2046 (laut meiner soeben durchgeführten Pensionsberechnung). Weise
Jederzeit und überall top-informiert
Uneingeschränkten Zugang zu allen digitalen Inhalten von KURIER sichern: Plus Inhalte, ePaper, Online-Magazine und mehr. Jetzt KURIER Digital-Abo testen.