Neue "Seefestspiele Berlin" als Realsatire

Neue "Seefestspiele Berlin" als Realsatire
Die Pläne sind ambitioniert: Die "Seefestspiele Berlin" wollen sich mit Bregenz messen. Die Premiere ist für den 11. August geplant.

Es sollte so schön werden: Mit den Bregenzer Festspielen als ausdrücklichem Vorbild wollte der Berliner Konzertveranstalter Peter Schwenkow irgendwo am Wasser rund um Berlin "Seefestspiele" aufziehen. Offenbar aber weniger mit dem künstlerischen Anspruch von Bregenz als mit dem kommerziellen Erfolg von Hamburgs Musicalszene.
Doch sowohl der Nachbarstadt Potsdam als auch der Bundeshauptstadt war die Initiative des drittgrößten Konzertunternehmers des Landes nur lästig. Dass er zugleich CDU-Politiker ist, half in den beiden rot-rot regierten Städten wohl auch nicht.
In Potsdam revoltierten selbst ernannte Umweltschützer und alte DDR-Datschen-Besitzer gegen die Störung ihrer Ruhe. In Berlin blockierte die zähe Bürokratie und die zuständige Stadträtin.

Erst Klaus Wowereit, wahlkämpfender SPD-Bürgermeister mit steter Ambition, Berlins als Event-Stadt zu etablieren, rettete diese Zauberflöte davor, buchstäblich ins Wasser zu fallen.
Die schon auf einem Ponton aufgebaute Seebühne wurde mit dem letzten Kompromiss allerdings überflüssig: Die Bühne steht nun auf einem Parkplatz hinter dem denkmalgeschützten Strandbad Wannsee, 15 Meter vom Strand entfernt. Da geht der Blick der 4700 Zuschauer zwar Richtung See "in den Sonnenuntergang" (Schwenkow). Das Wasser, zentrales Element jeder "Seefestspiele" und Alleinstellungsmerkmal dieser Inszenierung der meistgespielten Oper der Welt, ist aber nur mehr ahnbar. Aber die hat ja ohnehin mit Wasser und Berlin so wenig zu tun wie ihre Schöpfer Mozart und Schikaneder.

Zweitrangig

Aber das Künstlerische ist zweitrangig: Als Orchester dient die wackere, aber nur regional bedeutsame Potsdamer Kammerakademie unter der international so wenig wie die Sänger bekannten Judith Kubitz. Die Inszenierung verantwortet die Schauspielerin Katharina Thalbach, 57, ambitionierte Laiin und Berliner Original. Sie hat bisher zwei Opern auf dem Gewissen und gilt als Miterfinderin des Projekts.
Künstlerische Qualität scheint auch nicht das primäre Anliegen der 33.000 Zuschauer zu sein, die schon preiswerte Karten (bis 49 Euro) erstanden haben: Sie lockt eher das Spektakel mit 150 Mitwirkenden, dem speienden Vulkan auf der 20 Tonnen schweren Bühne und eben die besondere Wasserstimmung.

Ob sich die bei der für den 11. August geplanten Premiere und den weiteren 16 Vorstellungen einstellt, wird spannend. Wenn nicht, dürften die ersten " Seefestspiele Berlin" auch die letzten bleiben. Es sei denn, sie werden zu einem neuen Subventionsobjekt - wie die allermeisten Events in Berlin, und seien sie noch so schräg oder überflüssig. Das aber wäre dann wieder mehr Politik und Kommerz als Kultur.

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