„Diamonds Are a Girl’s Best Friend“, sang Marilyn Monroe 1953 im Film „Blondinen bevorzugt“. Man kann davon ausgehen, dass Heidi Horten, Blondine aus Wien, wusste, wovon der US-Star sprach: Bekam sie doch 1964, damals noch als Heidi Jelinek, von ihrem späteren Ehemann, dem deutschen „Kaufhauskönig“ Helmut Horten, den „Blauen Wittelsbacher“ geschenkt, einen der kostbarsten Diamanten überhaupt.
Kann es sein, dass Horten sich später auch Monroe als „Freundin“ ins Haus holte, wie Christiane Kuhlmann, Sammlungsleiterin der „Horten Collection“ im Wiener Hanuschhof, suggeriert?
In „Look“, der zweiten Ausstellung des kurz vor dem Tod der Gründerin im vergangenen Juni eröffneten Privatmuseums (bis 16. 4.), begegnet Monroe gleich zu Beginn mehrfach: Ihr Gesicht strahlt aus einer Plakat-Collage von Mimmo Rotella aus dem Jahr 1964 und ist in zwei Siebdrucken von Andy Warhol, die dieser um 1978, als „Remix“ der berühmten Marilyn-Serien aus den frühen 1960ern, schuf, als Negativ reproduziert. Das Konterfei des Stars wirkt hier wie ein Nachbild bei geschlossenen Augen.
Glamour und Pop
Warhols Porträts glamouröser Frauen sind in der Horten-Sammlung nicht zu übersehen – Liz Taylor, Farah Diba, Jackie Kennedy und deren jüngere Schwester Lee Radziwill sind vertreten.
Kuhlmanns Idee, wonach die Bildnisse der Milliardärin als „Spiegelbilder“ oder als „Matrix“ gedient haben könnten, wirkt plausibel – und eröffnet eine Fragestellung, die die Schau über eine reine „Hommage an die Museumsgründerin“ hinaus hebt: Man findet hier Selbstinszenierungen, Rollenmodelle und Statusmarkierungen einer Generation, die den Feminismus noch nicht in voller Blüte erlebte und zwischen Wirtschaftswunder, erstarkender Popkultur und Traditionsbewusstsein sich selbst suchte.
Hier kommt auch die Mode ins Spiel: Museumschefin Agnes Husslein-Arco spürte in Detektivarbeit 22 Original-Roben auf, die Horten sich bei Häusern wie Yves Saint Laurent, Jean Patou oder Givenchy schneidern lassen hatte. Im Besitz der einst für ihre Schönheit gerühmten Wienerin befanden sie sich längst nicht mehr, wie Co-Kurator und Modeschöpfer Arthur Arbesser erzählt: Die Kreationen, deren Preis sich wohl in der Region eines guten Automobils bewegte, gingen nach ein paar Anlässen meist als Geschenk an Freundinnen.
Gemeinsam mit Kuhlmann platzierte Arbesser nun die Mode neben der Kunst in den Räumen des Museums, für die der Euphemismus „schwierig“ gelten darf: Durch Stellwände wurde diesmal zwar mehr Hängefläche als in der Eröffnungsschau geschaffen. Die durch die schwebenden Geschosse entstehenden Schluchten, in denen Bilder und Gewänder in teils absurden Höhen hängen, verunmöglichen aber die Nahbetrachtung – man fragt sich erneut, wie dieses Haus derart an den Bedürfnissen einer Sammlung, die zu wesentlichen Teilen aus gerahmten Bildern besteht, vorbei gebaut werden konnte.
Nahsichtig
Besser funktioniert die Schau in den Kabinetten, in denen das Kuratorenduo ästhetisch präzise Ensembles wie Akkordfolgen arrangiert. Feinsinnige Zeichnungen des frühen Warhol – er begann ja als Modeillustrator und Schaufensterdesigner – sind da mit luftigen Gewändern von Jean Patou oder Jean-Louis Scherrer kombiniert, anderswo stehen Werke von Francis Bacon oder Gelitin im Fokus, die das Repräsentative ins Hässliche kippen lassen.
Macht & Kontrolle
Aufschlussreich ist auch ein Raum mit Fotos, der Hortens Transformation von der unbekümmerten Schönheit zur perlenkettenbewehrten Dame nachzeichnet, sowie eine Sektion mit Biedermeiergemälden, in denen Frauen meist als gesittete Briefleserinnen auftauchen. Kostbare Kassetten für Nähzeug und Parfums sammelte Horten auch: Sie sind im „Tea Room“ in Vitrinen ausgestellt.
Hinter all den Exponaten verbirgt sich die Frage nach der „angemessenen“ Repräsentation und nach der Bewegungsfreiheit, über die eine statusbewusste Frau zu verschiedenen Zeiten verfügte.
Über die Frage, ob sich Horten inmitten ihrer Besitztümer frei oder eingeengt fühlte, kann die Nachwelt nur spekulieren. Dass sie darüber aktiv reflektierte, legt die Ausstellung aber doch nahe.
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