Neue CD von Miley Cyrus: Hannah Montana, bist du’s?

Die wilden Jahre sind (vorerst) vorbei: Dank Trump macht Miley Cyrus wieder Country.

Meine Güte, ist das eine komplizierte Welt.

Da haben sich alle gerade eben darauf geeinigt, dass Miley Cyrus, die Po wackelnde, Zunge herausstreckende, immer wieder aufs Anziehen vergessende Sängerin, für all das steht, was man am Pop hassen kann oder lieben muss. Ihre größte Leistung ist, für erfolgreiche Kritik am Erwachsenentum nicht mehr zu brauchen als ein gerütteltes Maß an Deppertheit. Bitte, die rennt immer halb nackt herum und macht Musik, die nicht so ist wie die suprige Popmusik der 70er-, 80er-, 90er- oder 00er-Jahre (bitte das beste Jahrzehnt des eigenen Lebens einfügen!). Und man kann ihr sagen, was man will, die hört einfach nicht! Wer hat die denn erzogen?

Eben noch hat sie als Disney-Star Hannah Montana keimfrei die Kinderzimmer bespielt. Jetzt machte sie es als Miley Cyrus erfrischend schwer, die aktuelle Ausformung einer auf alle Konvention pfeifenden jungen Frau gerne zu haben.

Auf "Bangerz" (2013) zeigte sie exemplarisch, wie die Streaminggeneration mit Musik umgeht: Hier wurden nonchalant all jene Genres durcheinandergewürfelt, deren Anhänger einst in erbitterten nächtelangen Diskussionen gestritten haben, welches davon denn musikphilosophisch wichtiger sei. Die faden Säcke.

Und auf dem vollgedröhnten Nicht-Album "Miley Cyrus and Her Dead Petz" (2015) hat sie überhaupt drauf gepfiffen: Sie schüttete, einfach so, ein mäanderndes, rohes, mal lustiges, mal quälend peinliches Demoband über die Fans aus; wie viel Spaß die damit hatten, war dann schon fraglicher. Die Plattenfirma weigerte sich, das als "Album" zu verkaufen. Es war auch, mit Verlaub, ein Schmarrn, aber ein lustiger.

Und was ist das jetzt?

Womit wir wieder bei der komplizierten Welt angelangt wären. Denn jetzt, wo wir alle ein Bild von Frau Cyrus haben, erschien ein neues Album. Es bietet die einzig verbliebene Art von Provokation auf, die Cyrus geblieben ist: Es ist wahnsinnig spießig und wahnsinnig fad.

Wirklich.

Im Video zum Titelsong, "Younger Now", schwört sie, ganz keusch im Bett sinnierend, dem Zirkus ab. Jeder verändert sich! Und sie habe keine Angst vor dem, was sie einst war. Hannah Montana, bist du es? Auch in der begleitenden Medienarbeit gibt sich Cyrus wieder Disney-kompatibel. Zumindest fast. Schon seit drei Wochen habe sie sich nicht mehr eingeraucht, ließ sie wissen.

Und sie trinkt auch nichts.

Ach ja, die Musik. Zur neuen Häuslichkeit gibt es eine gefällige Mischung aus R&B, Country und Rock, mit zeitgemäßeren Einsprengseln. Das ist schockierend nur in der Geradlinigkeit.

Sie wolle, sagt Cyrus, mit dieser Rückkehr zu ihren Wurzeln auf die Menschen abseits ihrer superliberalen Blase zugehen, sagen: "Ich liebe euch" auch zu jenen, die Trump gewählt haben.

Ja, eh. Schade nur, dass das offenbar nur durch Selbstbeschränkung geht, durch Entschärfung.

Sitzen wir einer neuen Form von Image-Spiegelfechten auf? Es bleibt zu hoffen. Was es nach oben schafft, muss wieder runterkommen, singt sie sonst ernsthaft.

Was für eine traurige Botschaft.

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