Neue Buhlschaft Verena Altenberger: "Es ist schon ziemlich org!"
Nein, auch Verena Altenberger selbst weiß es noch gar nicht lange, dass sie im Somer 2021 die Buhlschaft beim Salzburger "Jedermann" (in der Titelrolle. Lars Eidinger) wird, wie sie dem KURIER erzählt.
KURIER: Gratulation! Wie ist denn dieser Anruf, dass man diese Rolle hat, ist das wie beim Nobelpreis?
Verena Altenberger: Es ist schon ziemlich org! (lacht) Es wird erst jetzt so richtig greifbar.
Waren Sie als Salzburgerin als Kind am Domplatz und haben “Jedermann” geschaut?
Als Kind nicht. Als junge Erwachsene – gerade Studentin oder in der letzten Klasse Gymnasium – habe ich ihn das erste Mal gesehen. Seither ungefähr drei, vier Mal.
Ganz ehrlich: Wie mochten sie den? Den finden ja die einen fad und veraltet, andere toll. Und Sie?
Vielleicht ist das noch anders, wenn man in Salzburg aufwachst. Aber für mich gibt es in diesem Stück immer wieder den Punkt – egal, ob man im Publikum sitzt oder woanders, man hört das in der ganzen Altstadt: Wenn der Jedermann gerufen wird, das ist so ein Gänsehautmoment. Für mich ist in diesem Stück viel Magie dabei. Vor allem auch, weil es mit der Stadt und der Kulissen und den Menschen und dieser Tradition so verwoben ist. Ich versteh, wenn Menschen sagen: Das ist veraltet. Aber gleichzeitig ist das für mich der Reiz daran, dass man sich überlegt: Was wollen wir mit der Geschichte in unserer Zeit erzählen. Und dieser Reiz löst sich immer wieder ein.
Heuer waren die Themen Sterben und Krankheit ja nicht unbedingt wenig präsent.
Absolut.
Andererseits erscheint die Aussicht, am 17. Juli 2021 bei der Premiere im Publikum zu sitzen – mit Menschen vor Ort Theater zu erleben –, aus jetziger Sicht als eine sehr gute Perspektive.
Ich hoffe wahnsinnig, dass sich diese Perspektive einlöst! Ich bin sehr positiv, ich glaube daran. Es ist noch ein ferner Traum.
Bei der Buhlschaft gibt es immer den Moment ein paar Tage vorher, wo plötzlich alle Medien darüber reden, was die Buhlschaft anhat. Wie geht es Ihnen mit dieser Art der Oberflächlichkeit?
Es fällt mir überhaupt nicht schwer, das positiv zu sehen. Das sind keine Oberflächlichkeiten! Kostüme sind so ein starkes Ausdrucksmittel. Und das gehört zum Theater, zum Film und zum Schauspiel. Mit einem Kostüm kann man genauso viel ausdrücken wie mit einem Satz oder einem Bühnenbild oder einem Auftritt. Ich finde das total richtig. Man sollte immer so viel über das Kostüm diskutieren wie bei der Buhlschaft.
Wir haben sehr verschiedene Buhlschaften gesehen in den vergangenen Jahren. Wie wird denn Ihre?
Die große Freude am Theater ist für mich, dass man sich nicht zuhause im Kämmerchen etwas ausdenkt und das dann präsentiert, sondern in einer gemeinsamen Zeit etwas erarbeitet und auf eine gemeinsame Reise geht, die nicht am Anfang schon fertig sein muss. Ich möchte mit einer größtmöglichen Offenheit und Neugierde in den Probenprozess gehen. Aber natürlich habe ich ein Bild vor Augen, wenn ich die Buhlschaft lesen.
Und welches?
Ich lese da eine junge Frau, die einem Mann liebt, und an einen Punkt kommt, an dem sie feststellt: Ich liebe ihn nicht genug, um mit ihm zu gehen. Um für ihn zu sterben. Dann frage ich mich: Was ist es, was fehlt? Was zwischen ihnen steht? Ich sage: Das ist vielleicht keine Liebe auf Augenhöhe. Vielleicht ist da ein Machtgefälle, eine Hierarchie. Immerhin ist der Jedermann ein bisschen älter, reicher, der hat einen besonderen Status, der ist anders sozial und gesellschaftlich verankert. Und da entsteht vielleicht eine Art Abhängigkeit. Und Abhängigkeit verhindert in meinen Augen Liebe auf Augenhöhe. Warum begibt diese Frau sich in diese Abhängigkeit? Warum tut er das? Was macht sie in dem Moment, in dem sie diese Abhängigkeit auflöst? Ist das eine Emanzipation, ein Abrutschen, vielleicht auch eine Chance? Kurz gesagt: Ich lese da ein feministisches Coming-of-Age.
Sie sind im TV-Hauptabend zu sehen, haben für “Die beste aller Welten” zahlreiche Filmpreise bekommen, jetzt sind Sie noch die Buhlschaft geworden. Wie geht es Ihnen mit dieser außergewöhnlichen Rasanz in der Karriere?
Das fühlt sich für mich nicht so an. Ich weiß ja, dass ich schon immer dafür gearbeitet habe, seit vielen Jahren hauptberuflich daran arbeite, dass ich weiterkomme. Damit meine ich, dass ich in eine Position komme, mich in dieser Branche und dieser Kunst so frei zu bewegen wie es nur geht. Dass ich aussuchen, mitreden, mitgestalten darf. Das fühlt sich nicht sprunghaft an. Und ist natürlich trotzdem immer noch eine Kombination aus harter Arbeit, Handwerk, und dann doch noch dem Universum, das mit Glück oder Zufall den letzten Funken dazugibt. Ich arbeite sehr viel dafür. Umso dankbarer bin ich dafür.
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