Neue Doku: Der Abend, an dem Elvis Elvis war
Noch eine Elvis-Presley-Doku? Davon gibt es ja nicht gerade wenige. Selbst jene Episode seiner Karriere, in der diese neue Netflix-Doku kulminiert, war schon Gegenstand der ausführlichen Betrachtung. Aber das große „Comeback-TV-Special“ von 1968 ist auch einfach eine zu gute Geschichte, um nicht immer wieder erzählt zu werden.
„Die Rückkehr des Kings“ ist der Titel des Films, sein Untertitel „Aufstieg und Fall von Elvis Presley“ geht freilich diametral an der Geschichte vorbei. Denn die Doku erzählt es genau andersherum: Erst, wie Elvis seinen Ruhm und seine Karriere fast verspielte, weil er sich jahrelang von seinem Manager Colonel Tom Parker durch dümmliche, aber lukrative Filme jagen ließ. Und wie er dann mit einem extrem charismatischen Fernsehauftritt nicht nur wieder zeigte, was für ein einzigartiges Talent er war und sich auf seine musikalischen Wurzeln besann, sondern sich auch von seinem übermächtigen Manager emanzipierte.
Hypererotisch
Wie genau er wusste, dass diese Show lebenswichtig für seine Karriere war, zeigt seine Nervosität bei den Proben – davon werden Aufnahmen gezeigt. Der sonst so mühelos selbstbewusste Elvis, den es komplett aus dem Tritt bringt, weil er den Einsatz verpasst. Der Befreiungsschlag gegen Colonel Parker, der die Show mit albernen Sketchen füllen wollte, manifestierte sich darin, dass Elvis sich durchsetzte und jene Rhythmen spielte, die weit entfernt waren von des Colonels liebsten Filmschlagern. Die TV-Musikshow war auch deswegen so erfolgreich, weil man einen Elvis erlebte, der „sich wieder spürte“. Was danach noch alles künstlerisch möglich hätte sein können, darüber grübeln manche der prominenten Gesprächspartner – von Bruce Springsteen über Darlene Love zu Baz Lurhmann – in der Doku. Allein, man weiß, wie es ausgegangen ist.
Natürlich erzählt die Doku einiges, was man schon oft gehört hat. Presleys Inspiration durch schwarze Kultur und Musik, die Sorge konservativer Amerikaner, dass seine hypererotischen Auftritte das Volk verderben könnten (was auch eine rassistische Note hatte im Hinblick auf seine Einflüsse), der drohende Bedeutungsverlust durch das Aufkommen der Beatles und Rockbands, die politische Songs machten.
"Oh boy"
Aber es sind auch schöne Momente dabei, die man bisher so nicht gesehen hat: Wie sich Priscilla Presley mit den Worten „Oh Boy“ betreten vom Fernseher wegdreht, wenn Elvis in einem seiner Filme allen Ernstes „Old MacDonald Had a Farm“ singt. Wenn der Schriftsteller Wright Thompson treffend zusammenfasst, die Comeback-Show sei „dieser eine Abend gewesen, an dem Elvis Presley der Mensch war, der er sein wollte.“
Und die letzten Minuten, in denen Elvis den Song „If I can dream“ tief aus seinem Herzen herausschleudert, sorgen ohnehin bei jeder Wiederholung für Gänsehaut.
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