"Nestbeschmutzer" plaudern im Rabenhof

"Nestbeschmutzer" plaudern im Rabenhof
Kritik: "Wir Staatskünstler" mit Maurer, Palfrader und Scheuba ist leidlich lustig - mit Watschen für die üblichen Verdächtigen.

Satire ist der aussichtslose Versuch, die Realität zu übertreffen. Das wusste schon Kurt Tucholsky. Also was tun Satiriker in der Operettenrepublik Österreich zwischen Größenwahn und Minderwertig- keitskomplex, im Schmäh- Staat, in dem ein Nasenstüber schon als Fortschritt gefeiert wird?

Sie frisieren das Erbärmliche in der Politik so auf, dass es durchaus amüsiert, aber nie wirklich weh tut. Sie pöbeln und rempeln ein bisschen, aber - bitteschön - nicht zu viel.

Nicht bissig

"Nestbeschmutzer" plaudern im Rabenhof

Schließlich ist "Wir Staatskünstler" - am Montag war Premiere im Wiener Rabenhof - auch öffentlich-rechtlich kompatibel (ab 1. Dezember im Zuge der "Donnerstag Nacht" in ORF 2).

Thomas Maurer weiß die trockenen Pointen richtig zu setzen: lakonisch. Florian Scheuba verteidigt in Wort und Gestik die Pole Position unter den blasierten Gscheiterln, die allen die Welt erklären. Und Robert Palfrader outriert allerweltskaiserlich beim "Beißen der Hand, die einen füttert", und beim "Verhöhnen der Fleißigen und Anständigen.
Es graust ihnen schon vor dem Satz "in Wirklichkeit ist die Wirklichkeit das beste Kabarett". Aber wie das Trio die Staatskünstler-Attitüde des Nest-Beschmutzens, des Österreich-Vernaderns und des Bevölkerung-Beschimpfens zelebriert, verliert nie den Hautgout der Überheblichkeit, hat wohl Lacher, ist aber allzu oft von allzu angestrengter Witzigkeit.

Mitunter trifft ein Schuss direkt ins Schwarze, wie die Kapitalismus-Kritik: "Am Münchner Residenztheater lässt Frank Castorf derzeit Schauspieler auf Kruzifixe urinieren. Kein Skandal. Die im Publikum, die noch nicht eingeschlafen sind, paschen brav. Da sieht man ganz deutlich, welche Religion tief im Volk verwurzelt ist. Weil versuchen sie einmal, an einem langen Einkaufssamstag in der Shopping City auf einen Bankomaten zu brunzen, da werden sie gelyncht."

Da werden der FP-Alkolenker Reinhart Gaugg und der "supernackte" Walter Meischberger verbal abgewatscht, weil sie sich dafür bezahlen ließen, dass sie ihre öffentlichen Ämter aufgegeben haben. Da gibt es viel Namedropping der üblichen Verdächtigen von Altkanzler Alfred Gusenbauer bis Peter Westenthaler, dem "ersten vorbestraften Sicherheitssprecher der Welt". Und da parodiert sich Maria Fekter quasi selbst via Video-Zuspielung, als hätte das Trio Maschek zugeliefert.

Hansi Hinterseer, Werner Faymann, HC Strache ... Auch - und vor allem - im Zeitalter des politischen Anbiedermeiers sind sie alle Staatskünstler. Und: "Selbstdarstellung ist eine Kunst, die subventioniert gehört."
Die wahren Stars bei der gepflegten Plauderei über Hofnarren und den "unbedankten Bodenlurch der Demokratie": Nicholas Ofczarek als SP-Freundeskreissprecher und ORF-Stiftungsrat Niko Pelinka und Claudia Kottal als SP-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas, via iPhone zugeschaltet.

KURIER-Wertung: ***
* von *****

Fazit: Niemand bleibt verschont

Programm
Nach der kabarettistischen "Vorlesung" aus den Telefonprotokollen zur
BUWOG-Affäre im Jänner jetzt ein Bastard aus Polit-Kabarett und TV-Satire (Regie: Werner Sobotka).

Eindruck
Der belehrende Zeigefinger wird spürbar trotz guter Pointen und Dialoge.

Unbeantwortet
Wie macht man heute Polit-Satire? Da ist guter Rat teuer. Und wir sind sowieso schon verschuldet.

Kommentare