Nero Wolfe kehrt auf einen Sprung zurück

US-Schriftsteller Rex Stout
Was verschafft uns das Vergnügen? Die 50 Jahre alte, aber sehr aktuelle Kritik an immer mehr Überwachung.

Und plötzlich ist der mit 140 Kilo wohlbeleibte Privatdetektiv Nero Wolfe wieder da und brummt, obwohl er gerade frittierte Muscheln mit Chilisauce und Rindfleisch in Rotwein verdrückt hat, er brummt immer.

Dass einer der 33 Romane, die zwischen 1933 und 1975 entstanden sind, jetzt in neuer Übersetzung erscheint, bedeutet wohl nicht, der amerikanische Schriftsteller Rex Stout – der politischste Kriminalromanschriftsteller – bekommt eine Chance fürs große Comeback.

Es hängt eher mit dem aktuellen Thema seines bekanntesten und erfolgreichsten Buchs zusammen.

Überwachung.

Nur Gefahren

Stout legte es sich in "Es klingelte an der Tür" mit dem FBI und dem undemokratischen FBI-Chef J. Edgar Hoover an ("Mir ist egal, wer unter mir Präsident ist").

Schon vorher hat er, als unerschrockener Bürgerrechtskämpfer, in einem Interview das FBI als "subversive Organisation" bezeichnet ... wie im gut informierten Nachwort von Jürgen Kaube (Mitherausgeber der FAZ) zu lesen ist.

Weil das Recht verpolizeilicht wird. Weil diese Polizei auch ein geheimer Nachrichtendienst ist, die können alles, die machen alles – Bürger werden nur noch als Gefahrenquelle angesehen, und dementsprechend kann man sie verfolgen und selbst im Schlafzimmer abhören.

Der Roman erschien 1965!

Und prompt gingen, kaum lag er in den Buchhandlungen, zwei FBI-Männer zu Rex Stouts Schwester, um sie nach ihrer politischen und religiösen Anschauung zu befragen. Rex Stout war verärgert, weil man nicht zu ihm kam. Er aber war sowieso als staatsfeindlicher Kommunist gebrandmarkt.

Die Rückkehr des Orchideen züchtenden Nero Wolfe – drei TV-Serien seit 1969 – sorgt vielleicht auch für einen Blick auf den zwiespältigen Autor. Es zahlt sich aus, der Mann ist selbst ein (hochkomplizierter) Roman.

Extrem

Stout (1886 – 1975), aufgewachsen als eines von neun Kindern auf einer Farm in Kansas, war in jungen Jahren Billeteur, Shrimpsfischer, Installateurgehilfe, Hotelpage, Hoteldirektor ... ehe er ein Sparkassensystem für Schulen entwickelte und ein reicher Mann wurde, der mit Künstlern wie Dos Passos, Hemingway, James Joyce, Thomas Mann verkehrte.

Nach dem Börsencrash von 1929 wendete er sich dem Kriminalroman zu und wurde zumindest wieder wohlhabend.

Rex Stout stellte sich gegen den linken und den rechten Extremismus und war – nicht nur im Zweiten Weltkrieg – selbst extrem, als er dazu aufforderte, alle Deutschen zu hassen, auszuhungern, zu töten ... Im Kampf gegen den Faschismus gingen ihm alte Mitstreiter deshalb aus dem Weg. Den Vietnamkrieg hielt er für richtig.

Und nicht nur Nero Wolfe brummte.


Rex Stout:
„Es klingelte an der Tür“
Übersetzt von Conny Lösch. Nachwort von Jürgen Kaube.
Klett-Cotta.
247 Seiten. 15,50 Euro.

KURIER-Wertung: ****

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