Neil Young: Mit Audio-Brief zurück in die 40er

Vor seinem KURIER-Konzert im Juli veröffentlicht Neil Young "A Letter Home".

April 2013, Nashville. Es ist Record Store Day und im Third Man Studio von Jack White dreht sich alles nur um eines: Den Voice-O-Graph aus dem Jahr 1947. Das antik anmutende Ding sieht aus wie eine hölzerne Telefonzelle, hat drinnen ein Mikrofon und presst direkt auf Vinyl, was mit dem Mikrofon aufgenommen wird.

Neil Young ist auch in Nashville. Eigentlich wollte er Jack White treffen, um mit ihm über seine Leidenschaft für Elektro-Autos zu plaudern. Aber natürlich erweckt der Voice-O-Graph sofort sein ganzes Interesse. "Jack und ich sind begeistert von derlei mechanischen Dingen", erinnerte sich Young kürzlich in einem Interview mit dem Rolling Stone an diese Geburtsstunde seines neuen Albums "A Letter Home". "Ich habe den Voice-O-Graph ausprobiert und sagte gleich danach zu Jack: ,Damit will ich ein ganzes Album machen.‘"

Frühe Voice-Mails

Zwei Jahre hatte White nach der Vinyl-Maschine gesucht. Ein weiteres Jahr brauchten seine Techniker, um sie wieder funktionstüchtig zu machen. Jetzt ist der Voice-O-Graph im "Third Man Studio" der einzige weltweit, mit dem man wieder aufnehmen kann.

Seine ursprüngliche Funktion brachte Young auf eine Idee: "Jack erzählte mir, dass das Ding damals nicht für Musiker war, sondern dass Leute damit in einer Art früher Voice-Mails Botschaften aufgenommen und die Platten an Verwandte oder Freunde geschickt haben. Ich fand, das hat etwas ganz Spezielles – es trägt dich zurück in die Vergangenheit."

Deshalb nahm der 68-Jährige für das Intro eine sehr persönliche Botschaft für seine 1990 verstorbene Mutter auf. Deshalb entschied er sich, mit dem Voice-O-Graph alte Songs zu covern – Lieder "von großartigen Songwritern, die mit einem Instrument und ihrer Stimme etwas lieferten, was für mich unglaublich bedeutsam war".

Sehr eng

Die Palette reicht dabei von "Girl From The North Country" von Bob Dylan über "If You Could Read My Mind" von Gordon Lightfoot bis zu Songs von den Everly Brothers, Tim Hardin und Bruce Springsteen. Zumeist interpretiert Young diese Klassiker alleine auf der Gitarre. Aber selbst das war in der kleinen Holz-Zelle nicht einfach. "Es war sehr eng", erinnert sich Young im Rolling-Stone-Interview. "Ich habe meine Parlor-Gitarre verwendet, die kleiner ist als übliche Konzertgitarren. Trotzdem mussten wir Schaumgummi an ihre Ende kleben, dass man es nicht hören konnte, wenn ich damit versehentlich an die Wände des Voice-O-Graph stieß."

Über die Schulter

Noch schwieriger wurde es bei den beiden Songs, die Young zusammen mit Jack White aufgenommen hat: "Für ,On The Road Again‘ von Willie Nelson, bei dem Jack Piano spielt, haben wir die Tür der Box offen gelassen und das Piano in die Tür gestellt. Ich stand zwischen Jack und dem Mikro und er sang über meine Schulter. Ähnlich war es bei ,I Wonder If I Care As Much‘ von den Everly Brothers. Nur spielte Jack da in der Türe die Gitarre."

Das intime Album, das später von den Vinyl-Pressungen des Voice-O-Graphen auf CD transferiert wurde, ist aber nicht das einzige Projekt, mit dem sich Neil Young in letzter Zeit beschäftigt hat.

Markt-Lücke

Seit einiger Zeit arbeitet er an einem Musik-Player und einer Download-Plattform namens "Pono", die nichts weniger als "Songs und Alben in der höchsten digitalen Sound-Qualität" bieten will.

Offensichtlich eine große Markt-Lücke. Denn als Young im März begann, dafür auf der Crowdfunding-Plattform Kickstarter die nötigen Finanzmittel einzutreiben, hatte er innerhalb weniger Tage das Dreifache der angestrebten 800.000 Dollar generiert. Und am Ende hatten 18.220 Förderer dem Unternehmen 6,225 Millionen Dollar vorgestreckt.

Im Oktober sollen Player und die ersten Alben in dem unkomprimierten digitalen Format auf dem Markt sein. Davor aber geht Young noch mit seiner Band Crazy Horse auf Tour. Dabei kommt er für ein KURIER-Konzert auch in die Wiener Stadthalle.

INFO: Das KURIER-Konzert mit Neil Young und seiner Band Crazy Horse findet am 23. Juli in der Wiener Stadthalle statt. Karten für das Event gibt es unter 01/96 0 96 oder www.oeticket.com

Es kracht und grammelt, ganz so wie ältere Leute es von Vinyl-Platten gewohnt waren. Nur dass diese Sounds von einer CD kommen: Denn die Cover-Songs, die Young für sein neues Album „A Letter Home“ aufgenommen hat, wurden direkt vom Mikrofon auf Vinyl gepresst. Erst dann wurden sie von der schwarzen Platte, die als „Mater-band“ fungierte, vervielfältigt.

Neil Young: Mit Audio-Brief zurück in die 40er
Aber nicht nur mit dieser uralten Technik, die ein Verbessern und Nachbearbeiten der Aufnahme unmöglich machte, hat Neil Young für diese Songs eine intime Atmosphäre geschaffen.

Zusätzlich interpretiert er sie ganz alleine nur mit seiner Stimme und der Gitarre, reduziert sie somit ganz auf die Qualität von Text, Melodie und Aussage.
Berührend auch die Botschaften für seine verstorbene Mutter, in denen er ihr erzählt, wie es ihm jetzt geht, sie an alte Zeiten und gemeinsame Erlebnisse erinnert und ihr gleich mehrmals sagt, dass sie nicht vergessen soll, mit seinem 2005 verstorbenen Vater zu sprechen.

Nicht zuletzt deshalb hat Young das Album „A Letter Home“ genannt. Ab 22. Mai ist es in den Läden.

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