Zunächst wirkte es wie bloße Pflichterfüllung: Anfang Oktober 2019 schrieb Alexander Schallenberg als Kulturminister der damaligen Übergangsregierung die Jobs von Kraus und Köberl aus, um dem Stellenbesetzungsgesetz Genüge zu tun. Für die Leitung des NHM bewarben sich, neben dem Generaldirektor, sechs Personen: fünf Männer aus Österreich, eine Frau aus Deutschland. Keine ernsthafte Konkurrenz, möchte man meinen. Doch jemand war Köberl nicht wohlgesonnen.
Konflikt mit Alfred Weidinger
Um die Intrige zu verstehen, muss man ein wenig ausholen. Im Juni 2019 wurde Alfred Weidinger zum Direktor des Oberösterreichischen Landesmuseums ab 1. März 2020 ernannt. Er hatte im Belvedere erfolgreiche Ausstellungen sonder Zahl kuratiert und hätte eigentlich Agnes Husslein-Arco nachfolgen müssen. Doch der damalige Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) bestellte im Oktober 2016 Stella Rollig. Enttäuscht wechselte Weidinger nach Leipzig, wo er das Museum der bildenden Künste in nur zwei Jahren zu einer ersten Adresse machte.
Wenn man den Workaholic, einst Lehrbub in der Albertina bei Direktor Klaus Albrecht Schröder, kennt, weiß man: Er ging sogleich mit Feuereifer daran, das Linzer Museum neu zu konzipieren.
Anfang Oktober erfuhr er, dass ein Paläontologe des NHM in Ebensee, also Oberösterreich, einen Dinosaurierzahn – 132 Millionen Jahre alt, lediglich 1,5 Zentimeter lang – gefunden hatte. Und er stellte Ansprüche, wie man in den OÖ Nachrichten lesen konnte. Doch Köberl konterte – wenig diplomatisch: „Das brauchen wir schon gar nicht, dass sich jemand zu Wort meldet, der noch nicht einmal im Amt ist.“ Wenn die Linzer den Zahn gerne hätten, hätten sie ihn ja nur finden müssen. Amüsiert titelte die Zeitung: „Ein Dino-Zahn steht bilateral unter Eiter.“
Am 5. November, einen knappen Monat später, berichtete die APA, dass für die Bestellung der NHM-Leitung eine Kommission eingerichtet worden sei – u. a. mit Weidinger, damals noch Chef des Museums in Leipzig. Und jetzt raten Sie einmal, ob sich dieser nach den Hearings für Köberl ausgesprochen haben könnte. Oder eher doch nicht.
Das nicht genannte Jury-Mitglied
Die Jury hatte es aber noch aus einem weiteren Grund in sich. Laut APA, vom Bundeskanzleramt exklusiv informiert, bestand sie neben Weidinger „u. a.“ aus Sabine Seidler (Rektorin TU Wien), Gabriele Zuna-Kratky (damals Direktorin des Technischen Museums), Cornelia Lamprechter (Geschäftsführerin des Mumok) und Kunstsektionschef Jürgen Meindl.
Ein Name wurde jedoch nicht genannt. Jener von Johannes Vogel, dem Generaldirektor des Naturkundemuseums in Berlin. Wie es der Zufall so will, hatte sich seine Mitarbeiterin beworben. Und jetzt raten Sie einmal, ob sich Vogel aus Gründen der Befangenheit zurückzog. Oder ob er sich für sie aussprach.
Tatsache ist, dass die Bewerberin K.V. trotz schlechterer Qualifikation zusammen mit Köberl erstgereiht ist. Möge sich Lunacek über die Hintergründe informieren, bevor sie die Entscheidung trifft.
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