Unvergessliches für Romantiker – und Daddy ist immer dabei

Jazz-Sängerin Natalie Cole am Montag, 7. Juli 2014, während eines Konzerts in der Wiener Staatsoper
Stimmungsvoller Ausklang beim Jazz Fest Wien in der Oper: Natalie Cole für Nostalgiker.

Es ist die blaue Stunde der Träumer, Melancholiker – und der Romantiker sowieso. Volles Haus am Ring am Montag bei Natalie Cole beim Jazz Fest Wien. Wie übrigens fast auf den Tag genau bereits im Jahr 2000.

Und es wurde wieder wie damals eine Rutschbahn in die Sentimentalität. "Fever", rauchig-lasziv gehaucht, ist der Opener der Lady mit den spindeldürren Armen, die in taubenblauer rückenfreier Glitzer-Robe auftritt.

Old Style Swing

Und die in ihrer Autobiografie "Angel On My Shoulder" nach nur mühsam überwundener Alkohol- und Heroinsucht schrieb:

"Ich war in der Hölle und kam wieder zurück." Nachdem sie das Leben auch als Schussfahrt in die Tiefen einer nur mühsam überwundenen Alkohol- und Heroinsucht erfahren hatte.

"Ich habe eine Kondition wie ein Pferd", sagte sie zuletzt. Nach gesundheitlichen Problemen und einigen Schicksalsschlägen rollt sie jetzt wieder über die "Route 66". Und stellt mit achtköpfiger Band alte Bekannte wie "Nice’n’Easy" vor.

Schließlich darf auch nach dem spritzigen "Lollipops and Roses" gelächelt werden, ohne dass einen das Herz schmerzt, wie es im von der Cole präsentierten Charlie-Chaplin-Song "Smile" so schön heißt.

Latin-Schlager

Was die Ohren geschmackssicher anflutet, ist ein kluger Mix aus Jazz, Latin und Pop mit Jazz. Smooth und easy going. Wobei die Beiläufigkeit, die unangestrengte Lässigkeit einen starken Eindruck von Gelassenheit hinterlässt.

Und der 1965 verstorbene Nat King ColeAmerikas schwarzer Sinatra – ist bei jedem ihrer Konzerte dabei: Zuerst kommt es – mit Hinweis auf ihre Latin-CD "En Español" (2013) – zum virtuellen Duett mit dem verehrten Vater posthum beim kubanischen Bolero "Acércate Más" ("Komm näher"), der ihre Stimme mit Papas Gesangsspur verbindet.

"Bésame Mucho"

Der geschmeidige Gesang der 64-Jährigen erinnert an Ella Fitzgerald. Die Gewinnerin von neun Grammys singt mit Charme "Quizás, quizás, quizás" – Papas Version ist bereits 1958 auf dem Album "Cole Español" erschienen – und schmachtet zu "Bésame Mucho".

Sie spinnt die Noten wie Goldfäden, kostet sie aus, statt sie zu demonstrieren, lässt sie sacht verwehen, statt sie zu straffen. Da wird schön intoniert aber nicht transpiriert.

Daddy’s Hit

Und mit einer Stimme, in der oft eine weibliche Variante der samtigen Sinnlichkeit ihres Vaters mitschwingt, croont sie sehnsüchtig auch mit dem Papa zu "Unforgettable" – superzart und schmalzig zum Dahinschmelzen.

Ja. Wer singt, erinnert sich. Und wer sich erinnert, ist niemals allein. Diese Erinnerungen an die 40er- und 50er-Jahre haben Stil und Eleganz. Wobei Fingerschnippen zum sanften Swing das Äußerste an Gefühlsausbruch sind.

Herausragend nach ihrer Pop-Schnulze "I Miss You Like Crazy" vom Album "Good To Be Back" (1989) dann aus dem Tribute-Medley: der Evergreen "At Last" von Etta James.

Eigentlich fehlt nur ein Gin Tonic, eisgekühlt. Oder ein Frozen Daiquiri. Und der Abend wäre perfekt.

KURIER-Wertung:

Unvergessliches für Romantiker – und Daddy ist immer dabei
 
Unvergessliches für Romantiker – und Daddy ist immer dabei
 

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