Nackte können einem leidtun

Nackte können einem leidtun
Nach dem Wiener Leopold- ist nun als das Linzer Lentos-Museum mit seiner Schau zum Thema "Der Nackte Mann" an der Reihe.

Nun also ist das Linzer Lentos Museum mit seiner Schau zum Thema "Der Nackte Mann" an der Reihe: Es arbeitet mit schwächerem Fokus auf Geschichte und mehr zeitgenössischer Kunst als das Wiener Leopold Museum, das erst in der Vorwoche mit seiner Männer-Ausstellung Aufsehen erregte.

Dem Wiener Museum kann man den Vorwurf der Kampfprogrammierung nicht ersparen – erst als das Lentos schon eifrig Leihgaben sammelte, aktivierte der 2011 neu bestellte Direktor Tobias Natter eine lange gehegte Idee der Sammlerwitwe Elisabeth Leopold neu.

Im zeitgenössischen Bereich überschneidet sich die früher eröffnete Wiener Schau nun mitunter arg mit der früher auskonzipierten in Linz: Da wie dort sieht man etwa den Video-Pavillon mit Badeaufnahmen von Katarzyna Kozyra, "Ständerfotos" der Gruppe Gelitin, Inszenierungen von Matthias Herrmann oder Selbstporträts von Gilbert & George. Und natürlich Egon Schiele.

Anderer Kontext

Der gedankliche Rahmen, in dem diese Werke präsentiert werden, unterscheidet sich allerdings massiv: Während das Leopold Museum einen langen historischen Anlauf nimmt und zeitgenössische Männerbilder eher als Ausfransungen einer langen, wiewohl gebrochenen Entwicklung zeigt, erscheinen Männer im Lentos fast ausnahmslos als Protagonisten einer massiven Krise (siehe auch Artikel auf Seite 16) .

Der zeitliche Rahmen reicht dabei nur bis ca. 1900 zurück: Damals, so die These der Kuratorinnen Sabine Fellner, Elisabeth Nowak-Thaller und Stella Rollig, kam es durch Industrialisierung und das Aufbrechen bürgerlicher Zwänge zum Einbruch des männlichen Machtmonopols.

In 12 Kapiteln dekliniert die Schau Reaktionen auf die Erschütterung durch: Die expressiven (Selbst-)Akte von Schiele, Hrdlicka oder Schwarzkogler sind ebenso Belege der Krise wie die Fotos gestählter Nazi-Athleten von Leni Riefenstahl. Idyllisch-lustvolle Bilder, etwa die Foto-Selbstporträts von Christian Ludwig Attersee, werden unter dem Motto "Pose" subsumiert, auch die vielfach dargestellten Badenden können nichts mehr retten: Es sind allesamt rührende Versuche, ein verlorenes Paradies wieder herzustellen.

Problematisch an dieser Präsentation ist einerseits der trostlose Gestus, der Männern kaum die Möglichkeit der Selbstermächtigung lässt, andererseits die Zweitrangigkeit ästhetischer Qualität. Zwar sind mit einem Lucian-Freud-Porträt von Leigh Bowery (1991) oder dem frühen Baselitz-Bild eines Onanierenden (1963) echte Hits in der Schau, häufig sind die Bilder aber eher Illustrationen des Themas als Schau­erlebnisse, die für sich stehen. Hier hat Wien die Nase vorn.

INFO:

"Der Nackte Mann", 26.10.– 17.2.2013, Lentos Museum Linz; "nackte männer", Leopold Museum Wien, bis 28. 1. 2013 .

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