Zum Tod von Claudia Cardinale: Es war nicht nur der Bikini

Sitzende junge Frau im eleganten Ballkleid.
Die große italienische Star-Schauspielerin Claudia Cardinale starb 87-jährig, unvergesslich bleiben Filmklassiker wie „Spiel mir das Lied vom Tod“.

Zuerst steigt eine Kuhherde aus dem Güterwagon, dann eine junge Frau aus dem Abteil. Sie trägt die Haare hochgesteckt unterm Hut, sieht sich suchend um. Ihre Augen leuchten haselnussbraun und erwartungsvoll. Doch kein Mann steht auf dem Bahnsteig, um sie abzuholen. Ihr lächelndes Gesicht verdunkelt sich, und mit dem Einsatz von Ennio Morricones Musik wird klar: Sie wird ihren Weg alleine gehen müssen in Richtung eines staubigen Kaffs – mitten hinein in Sergio Leones Westernklassiker „Spiel mir das Lied vom Tod“ von 1968.

Als ehemalige Prostituierte, die sich als Wildwest-Witwe gegen skrupellose Männer wie Henry Fonda durchsetzen muss, brannte sich die italienische Star-Schauspielerin Claudia Cardinale für immer ins popkulturelle Gedächtnis. Später sollte sie in Werner Herzogs „Fitzcarraldo“ (1982) als Bordellbesitzerin an der Seite von Klaus Kinski eine ähnliche Rolle spielen.

Doch bereits Marcello Mastroianni hatte sie in Federico Fellinis Meta-Komödie „Achteinhalb“ (1963) als die „ideale Frau“ erkannt. Ihr schwelender Blick, der zwischen kindlich, sinnlich und entschlossen changierte, kombiniert mit erfrischender Freimütigkeit, machte „La Cardinale“ zu einer Ausnahmeerscheinung in der Riege großer italienischer Schauspielerinnen wie Sophia Loren, Gina Lollobrigida oder Monica Vitti. Sie selbst verehrte Brigitte Bardot über alles. Als die beiden in der französischen Westernkomödie „Petroleum-Miezen“ (1971) zusammen spielten, warteten alle auf das Klischee vom Zickenkrieg – stattdessen wurden sie gute Freundinnen.

Sexsymbol

Claudia Cardinale gilt bis heute als eines der Sexsymbole des italienischen Kinos. Geboren wurde sie am 15. April 1938 als Claude Joséphine Rose Cardinale in Tunis. Als Tochter sizilianischer Einwanderer sprach sie sizilianischen Dialekt, Arabisch und Französisch; die italienische Hochsprache erlernte sie erst mit Beginn ihrer Filmkarriere – die sie übrigens gar nicht angestrebt hatte. Vielmehr gewann sie einen Schönheitswettbewerb und bekam als Preis eine Reise zu den Filmfestspielen in Venedig geschenkt. Dort erregte sie großes Aufsehen: Das war wegen des Bikinis, sagte sie später.

Frau mit Brille hält ihr Gesicht in den Händen und lächelt.

Während einer Pressekonferenz 2002 in Rom: Als Schauspielerin bis zuletzt aktiv.  

Sie selbst aber wollte Lehrerin werden. Eine Schwangerschaft nach einer Vergewaltigung änderte ihr Leben. Um die Zukunft ihres Kindes zu sichern, unterschrieb sie einen Vertrag mit einem italienischen Produzenten, Franco Cristaldi, den sie 1966 heiratete und einmal als höchst kontrollierend beschrieb. Nach der Scheidung 1975 kam sie mit dem Regisseur Pasquale Squitieri zusammen, mit dem sie eine Tochter hat. Über ihr Privatleben bewahrte sie weitgehend Stillschweigen, bedauerte aber, Marlon Brando zurückgewiesen zu haben.

Luchino Visconti kombinierte in seinem meisterlichen Film „Der Leopard“ von 1963 ihr strahlendes Aussehen mit dem von Alain Delon. „Visconti hat mir beigebracht, schön zu sein“, sagte sie über ihren Regisseur. Im selben Jahr entstand ein weiterer Klassiker: In Blake Edwards’ Krimikomödie „Der rosarote Panther“ rekelt sich Cardinale auf einem Tigerfell und ist dabei so beschwipst, dass sie das Wort „Safari“ nicht mehr herausbringt. Das hält aber Meisterdieb „Das Phantom“, verkörpert von David Niven, nicht davon ab, sie zu küssen. „Claudia, zusammen mit Spaghetti bist du Italiens größte Erfindung“, sollte der begeisterte Kollege später zu ihr sagen und machte ihr damit „das schönste Kompliment meines Lebens“, wie sie meinte.

Insgesamt spielte Claudia Cardinale in über 130 Filmen und blieb bis zuletzt schauspielerisch aktiv. Privat engagierte sie sich für die Rechte von Frauen und Mädchen und gründete hierfür eine eigene Stiftung. Nun ist sie im Alter von 87 Jahren gestorben.

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